Bestimmtheit des Unterlassungsantrags

§ 253 (2) Nr. 2 ZPO → Bestimmtheit des Klageantrags

"Insbesondere" im Unterlassungsantrag

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstre-ckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist; der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisi-onsverfahren von Amts wegen zu beachten.1)

Die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags ist in der Regel gegeben, wenn der Kläger lediglich ein Verbot der konkret beanstandeten Handlung begehrt.2)

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe.3)

Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen.4)

Abweichendes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert.5)

Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt.6)

Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Werbemethode erforderlich erscheint.7)

Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen.8)

Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot der bestimmten, als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise, die der Kläger in seinem Antrag und seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat; es kommt nicht darauf an, ob sich in anderer Weise ein wettbewerbswidriges Verhalten aus einer mit der Klage zum Beweis der beanstandeten Verletzungshandlung vorgelegten Anlage - wie einer E-Mail oder einem mehrseitigen Werbeprospekt - ergeben kann.9)

Folgen der mangelnde Bestimmtheit des Unterlassungsantrags

Die mangelnde Bestimmtheit des Unterlassungsantrags hat nicht zur Folge, dass dieser Antrag als unzulässig abzuweisen ist. Vielmehr ist dem Kläger aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit zu geben, das mit diesem Antrag verfolgte Begehren in einen Antrag zu fassen, der dem Bestimmtheitsgebot entspricht.10)

siehe auch

§ 253 (2) Nr. 2 ZPO → Bestimmtheit des Klageantrags

Unterlassungsantrag
Unterlassungsklage

1)
st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12 - Restwertbörse II; BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00, BGHZ 156, 1, 8 f. - Paperboy; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 36 = WRP 2011, 1454 - TÜV II; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 128/10, GRUR-RR 2012, 475 Rn. 16
2)
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; m.V.a. BGH, Urt. v. 26.10.2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Tz. 10 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung
3) , 4) , 5) , 7)
BGH, Urt. v. 16. November 2006 - I ZR 191/03 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; m.w.N.
6)
BGH, Urt. v. 16. November 2006 - I ZR 191/03 - Telefonwerbung für „Individualverträge“
8)
BGH, Urt. v. 23. Februar 2006 - I ZR 272/02; vgl. BGHZ 126, 287, 295 - Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 9.9.2004 - I ZR 93/02, GRUR 2005, 443, 446 = WRP 2005, 485 - Ansprechen in der Öffentlichkeit II, m.w.N.
9)
BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - I ZR 189/05 - Freundschaftswerbung im Internet
10)
vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12 - Restwertbörse II; m.V.a. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 18 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 18 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker, jeweils mwN). Dem Kläger steht - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - ein die-sem Begehren entsprechender materiellrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (vgl. BGHZ 156, 1, 10 - Paperboy; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 27 = WRP 2012, 1222 Tribenuronmethyl