Recht zur öffentlichen Wiedergabe eines Computerprogramms

§ 69c (1) UrhG

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten: die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

§ 19a UrhG → Recht der öffentlichen Zugänglichmachung

In ständiger Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass der Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 69c Nr. 4 UrhG demjenigen in § 19a UrhG entspricht [→ Recht der öffentlichen Zugänglichmachung] und in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG auszulegen ist.1)

Der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden (BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 - I ZR 85/17, GRUR 2018, 608 Rn. 27 = WRP 2018, 701 - Krankenhausradio; BGH, GRUR 2018, 1239 Rn. 17 - uploaded, jeweils mwN).

Eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG und damit auch im Sinne von § 64c Nr. 4 UrhG erfordert, dass Dritten der Zugriff auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk eröffnet wird, das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet.2)

Das Bereithalten eines Computerprogramms auf einem Downloadportal im Internet stellt eine Handlung der Wiedergabe dar.3)

Ein Computerprogramm, das sämtlichen potentiellen Nutzern einer Internetseite zugänglich ist, ist damit einer unbestimmten und ziemlich großen Zahl von Adressaten zugänglich.4)

Das Bereithalten eines Computerprogramms zum Abruf auf einem Downloadportal stellt eine öffentliche Wiedergabe in Form des öffentlichen Zugänglichmachens dar, wenn der Betreiber des Downloadportals das Computerprogramm auf einem eigenen Rechner vorhält und auf diese Weise die Kontrolle über seine Bereithaltung ausübt. Das gilt auch dann, wenn das Computerprogramm zuvor vom Urheberrechtsinhaber auf einer anderen Internetseite frei zugänglich im Internet zur Verfügung gestellt worden ist.5)

Es sind besonders hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen, wenn ein Computerprogramm zum Herunterladen ins Internet eingestellt wird. Eine solche Verhaltensweise führt zu einer hochgradigen Gefährdung der Verwertungsrechte des Urhebers, weil ein ohne Einschränkungen im Internet zum Download bereitgestelltes Computerprogramm jederzeit von jedermann heruntergeladen und weiterverbreitet werden kann. Wer ein fremdes, urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm zum Herunterladen ins Internet einstellt, darf sich nicht darauf verlassen, dass es sich dabei mangels entgegen-stehender Anhaltspunkte um ein Programm handelt, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung der Berechtigte einverstanden ist. Er muss vielmehr zuvor sorgfältig prüfen, ob der Berechtigte das Programm zur öffentlichen Zugänglichmachung freigegeben hat.6)

siehe auch

Tauschbörsen

§ 15 (2) S. 1 UrhG → Recht der öffentlichen Wiedergabe

1)
BGH, Urteil vom 28. März 2019 - I ZR 132/17 - Testversion; m.V.a. BGH, GRUR 2009, 864 Rn. 16 - CAD-Software; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15, ZUM-RD 2017, 390 Rn. 16; Urteil vom 13. Juli 2017 - I ZR 193/16, GRUR 2018, 189 Rn. 11 = WRP 2018, 210 - Benutzerkennung; Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 68/16, GRUR-RR 2017, 484 Rn. 10 = WRP 2017, 1222 - Ego-Shooter; Urteil vom 22. März 2018 - I ZR 265/16, GRUR 2018, 914 Rn. 14 = WRP 2018, 1087 - Riptide; Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17, GRUR 2018, 1044 Rn. 12 = WRP 2018, 1202 - Dead Island
2)
BGH, Urteil vom 28. März 2019 - I ZR 132/17 - Testversion; zu § 19a UrhG vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 19 - Vorschaubilder I; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 39/08, GRUR 2011, 56 Rn. 23 = WRP 2011, 88 - Session-ID; Beschluss vom 16. Mai 2013 - I ZR 46/12, GRUR 2013, 818 Rn. 8 = WRP 2013, 1047 - Die Realität I; Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 46/12, GRUR 2016, 171 Rn. 13 = WRP 2016, 224 - Die Realität II
3) , 4) , 5)
BGH, Urteil vom 28. März 2019 - I ZR 132/17 - Testversion
6)
BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - I ZR 239/06 - CAD-Software