Einschränkung des Grundrechts des Fernmeldegeheimnisses durch die Verwendung von Verkehrsdaten

§ 101 (10) UrhG

Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Die Anordnung der Speicherung der Verkehrsdaten stellt einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG dar.1)

Dieser Eingriff ist aber gerechtfertigt. Das Erfordernis einer gesetzlichen Rechtfertigungsnorm (vgl. Art. 10 Abs. 2 S. 1 GG) ist erfüllt; die gesetzliche Regelung weist auch die zu fordernde Bestimmtheit auf. Sie ist ferner geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Dabei ist zu beachten, dass die Regelung dem Schutz von Rechtspositionen dient, die ihrerseits über Art. 14 GG verfassungsrechtlichen Rang haben, nämlich Rechten der Urheber sowie der Inhaber sonstiger absoluter Rechte aus dem Urheberrecht. Regelungsziel des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, mit dem die genannte Regelung in § 101 UrhG eingeführt wurde, war u.a., die Durchsetzbarkeit von Urheberrechten und technischen Schutzrechten gegenüber solchen Rechtsverletzungen zu ermöglichen, die im Schutze der weitgehenden Anonymität des Internets begangen und vom Rechtsinhaber nach dem bisherigen Recht dementsprechend kaum wirksam verfolgt werden konnten. Bei der Verbreitung geschützter Werke durch Teilnahme an Peer-to-peer-Netzwerken handelt es sich nach der Kenntnis des Senats aus zahlreichen Verfahren um ein Massenphänomen, durch das den Rechtsinhabern erhebliche Schäden entstehen. Ohne die Zuordnung der IP-Adresse zu einem konkreten Anschluss bestünde keine Möglichkeit, Urheberrechtsverstößen im Internet wirksam zu begegnen. Eine Verweigerung der Auskunft nach § 101 Abs. 9 UrhG würde den Berechtigten daher in Bezug auf die stetig an Bedeutung gewinnende Nutzung von Werken im Internet faktisch rechtlos stellen. Aus Sicht des Senats ist die durch geringe Eingriffsintensität gekennzeichnete Speicherung der Verkehrsdaten (nur) für die Dauer und für den Zweck des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht nur durch das verfolgte Ziel gerechtfertigt; die Versagung der streitgegenständlichen Anordnung würde vielmehr, da das gesamte von § 101 Abs. 9 UrhG vorgesehene Verfahren nicht innerhalb der kurzen regulären Speicherfristen von wenigen Tagen durchgeführt werden kann, umgekehrt zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der geschützten Rechtsposition des urheberrechtlich Berechtigten und damit zu einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG führen.2)

siehe auch

1)
OLG Karlsruhe, Beschluß vom 1.9.2009, 6 W 47/09; m.V.a.BT-Drucksache 16/5048, S. 39), das gegenüber dem aus Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung die speziellere Norm ist (vgl. BVerfG NJW 2009, 2431
2)
OLG Karlsruhe, Beschluß vom 1.9.2009, 6 W 47/09