Wissensvertreter

Der Anspruchsinhaber muss sich im Rahmen der Verjährung das geschäftlich erlangte Wissen einer Person, die er mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung des in Frage stehenden Anspruchs in eigener Verantwortung betraut hat (sog. Wissensvertreter), in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen. Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich. Die Vorschrift des § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar.1)

Nach Treu und Glauben ist es einem Anspruchsteller allerdings verwehrt, sich auf eigene Unkenntnis zu berufen, wenn er sich eines sogenannten Wissensvertreters bedient, den er mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung des in Frage stehenden Anspruchs in eigener Verantwortung betraut hat. In dieser Konstellation muss sich der Anspruchsteller vielmehr das Wissen des Dritten in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.2)

Weil diese Wissenszurechnung auf der Erwägung beruht, dass der Geschäftsherr aus einer geschäftsorganisatorisch bedingten Wissensaufspaltung keine Vorteile ziehen soll, findet zwar eine Zurechnung geschäftlich erlangten Wissens, nicht aber privater Kenntnisse statt, sofern nicht ausnahmsweise der Geschäftsherr aus Gründen des Verkehrsschutzes zur Organisation eines Informationsaustauschs verpflichtet ist, der auch privat erlangtes Wissen umfasst.3)

siehe auch

Verjährung

1)
BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14 - Freunde finden; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - III ZR 436/12, NJW 2014, 1294 Rn. 15
2)
st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14 - Freunde finden; BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 35; Urteil vom 23. Januar 2014 - III ZR 436/12, NJW 2014, 1294 Rn. 16
3)
BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14 - Freunde finden; m.V.a. BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, NJW 2007, 2989 Rn. 14; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn. 25; ders. § 166 Rn. 6; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 11 Rn. 1.27; Staudinger/Schilken, Neubearbeitung 2014, § 166 Rn. 6; MünchKomm.BGB/Schubert, 7. Aufl., § 166 Rn. 57; Buck-Heeb, WM 2008, 281, 282