Für das unmittelbare Verfahrenserzeugnis besteht ein absoluter Erzeugnisschutz (§ 9 S. 2 Nr. 3 PatG; Art. 64 Abs. 2 EPÜ), der sich auf alle Benutzungshandlungen erstreckt. Es gibt keine Beschränkung aufgrund einer Zweckbestimmung in den Verfahrensansprüchen.1)
Motivation: Es soll verhindert werden, dass ein patentgeschütztes Verfahren im patentfreien Ausland durchgeführt wird, um ein damit hergestelltes Erzeugnis im Inland anzubieten.
Der unmittelbare Verfahrensschutz gilt auch dann, wenn das Erzeignis selbst nicht patetnfähig ist, beispielsweise weil es nicht neu ist oder weil es unter einen Patentierungsauschluß fällt.
Verwendungsansprüche sind in aller Regel Verfahrensansprüche, durch welche ein Stoff zur Erzielung eines Zustandes oder eines Erzeugnisses (Verbindung, Mischung) eingesetzt werden soll. Wird durch das beanspruchte Verfahren ein neues Erzeugnis hervorgebracht, so handelt es sich um ein Herstellungsverfahren, dessen unmittelbare Erzeugnisse - gleichgültig ob sie in einem chemischen oder in einem mechanischen Verfahren geschaffen wurden über § 9 Nr. 3 PatG ohne Beschränkung auf eine bestimmte Verwendung geschützt werden.
Existiert schon vor der Einwirkung ein selbständig verwendbares Erzeugnis, so gilt es nicht als durch das Verfahren hergestellt (z.B. Imprägnieren eines Riemens, Polieren einer Tischoberfläche).
Der Tatbestand ist auch dann nicht erfüllt, wenn eine verwendungsunfähige Sache mittels Reparatur wieder ihrer ursprünglichen Verwendung zugeführt wird.
§ 9a Abs. 3 PatG: Bei biotechnologischen Verfahren ist nun der Erzeugnisschutz generationenübergreifend erweitert.
Zur Problematik von Zwischenprodukten in der Chemie siehe folgendes Zitat aus einem Aufsatz von Bruchhausen in GRUR 1979, S. 743:
Für eine erweiterte Auslegung von § 6 Satz 2 PatG (heute § 9 Nr. 3), die den Begriff des unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses auch auf Endprodukte erstreckt, die durch chemische Umsetzung aus Zwischenprodukten gewonnen sind, die nach Vollziehung der patentierten Verfahrensschritte erhalten sind, besteht kein beachtenswertes Bedürfnis. Es muss daher insoweit bei der engen Wortinterpretation des Begriffes der „unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse“ bleiben, die diese Endprodukte nicht erfasst.
LG Düsseldorf GRUR 1989, 896 'Grasherbizid': Durch die Zusatzschritte wurden die wesentlichen Eigenschaften des Erzeugnisses verändert.
Wenn das unmittelbare Verfahrenserzeugnis neu ist, greift die Beweislastumkehr des § 139 Abs. 3 PatG. Das unmittelbare Verfahrenserzeugnis gilt in diesem Fall als durch das Verfahren hergestellt. Existierte das fragliche Erzeugnis jedoch schon vor dem Prioritätszeitpunkt des Verfahrenspatents, so ist muss es bereits andere Herstellungsverfahren gegeben haben. In diesem Fall greift die Beweiserleichterung nicht.
Ist das Verfahrenserzeugnis neu, so liegt es nun beim Verletzer zu beweisen, dass das Erzeugnis nach einem anderen Verfahren hergestellt wurde (GRUR 2003, 507 ???). Die Geheimhaltungsinteressen des Beklagten sind allerdings zu berücksichtigen (§ 1139 III S. 2 PatG).
Die Beweislastumkehr greift auch dann, wenn ein zum geschützten äquivalentes Erzeugnis mit dem Verfahren hergestellt werden kann, da dies einer äquivalenten Benutzung des Verfahrens entspricht. Beispielsweise erzeugt das Verfahren mit A und B das Ergebnis C. Mit A' und B' das Ergebnis C'. Dann muss die Beklagte beweisen, dass sie für C' ein anderes Verfahren angewandt hat.
BGH GRUR 1977, 100 'Alkylendiamine':
Kommt dem Inhaber eines Verfahrenspatents zur Herstellung eines neuen Stoffs nach den obigen Grundsätzen (zur Äquivalenz) der Schutz gegen eine abgewandelte Ausführung seiner Erfindung zu, so kann er hinsichtlich der in den Schutzbereich seines Patents fallenden abgewandelten Ausführung der Erfindung in die gleichen Beweisschwierigkeiten geraten wie bei der ausdrücklich in seinem Patent beschriebenen Verfahrensweise, wenn sich sein Prozessgegner nicht bereit findet, das von ihm benutzte Verfahren bekanntzugeben. Wenn er trotz der Identität des neuen Erzeugnisses nach dem in den Schutzbereich seines Patents fallenden abweichenden Verfahren mit dem vom Bekl. in den Verkehr gebrachten Stoff nicht zu beweisen vermag, dass der Bekl. den Stoff unter Benutzung dieses abgewandelten Verfahrens erzeugt, würde er seiner ihm für die Offenbarung seiner Erfindung gebührenden Belohnung verlustig gehen. Der Zweck des § 47 Abs. 3 PatG (heute § 139 III PatG) gebietet es, dem Patentinhaber auch in diesem Fall über seine Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen. Die Beweisvermutung nach dieser Vorschrift findet demnach auch dann Anwendung, wenn dem Patentinhaber durch sein Patent ein abgewandeltes Verfahren zur Herstellung eines abgewandelten neuen Stoffs geschützt ist (d. h. wenn ein abgewandeltes Verfahren zur Herstellung eines neuen abgewandelten Stoffs im Schutzbereich seines Patents liegt) und der Bekl. einen Stoff von gleicher Beschaffenheit wie nach diesem abgewandelten Verfahren gewerbsmäßig herstellt, in Verkehr bringt, feilhält oder benutzt.