Für die Bejahung der Patentfähigkeit reicht es nicht aus, wenn die Anweisung, einen bestimmten Stoff in einer bestimmten Art und Weise zu verabreichen [§ 3 (4) PatG → Zweite medizinische Indikation], neu ist, also für diesen Stoff im Stand der Technik nicht eindeutig und unmittelbar offenbart ist.1)
Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit sind vielmehr auch Handlungsweisen zu berücksichtigen, die dem Fachmann deshalb nahegelegt waren, weil sie am Prioritätstag zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten. Insbesondere bei Maßnahmen, die nicht dazu dienen, eine für den in Rede stehenden Stoff spezifische Wirkung hervorzurufen, sondern dazu, unerwünschte Wirkungen allgemeiner Art zu verhindern oder die von dem Stoff ausgehenden Wirkungen in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht einzugrenzen, wird es häufig vom Zufall abhängen, ob die Anwendung dieser Maßnahme auch und gerade für einen bestimmten Stoff schriftlich belegt werden kann. Ein solcher Beleg ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn feststeht, dass der Fachmann die in Rede stehende Maßnahme am Prioritätstag als generelles Mittel für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht gezogen hat und dass keine besonderen Umstände vor-lagen, die eine Anwendung in der konkret zu beurteilenden Konstellation als nicht möglich oder untunlich erscheinen ließen.2)
Es gehört zu den alltäglichen ärztlichen Maßnahmen, einen Körperteil, in den eine hohe Dosis eines Medikaments injiziert wurde, für mehrere Stunden ruhigzustellen, wenn das Medikament seine Wirkung nur in der Nähe der Injektionsstelle entfalten soll.3)
§ 3 (4) PatG → Zweite medizinische Indikation