Nichtigkeit des europäischen Patents

§ 6 (1) IntPatÜG

Das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent wird auf Antrag für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß

  1. der Gegenstand des europäischen Patents nach den Artikeln 52 bis 57 des Europäischen Patentübereinkommens nicht patentfähig ist,
  2. das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
  3. der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der europäischen Patentanmeldung in ihrer bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung oder, wenn das Patent auf einer europäischen Teilanmeldung oder einer nach Artikel 61 des Europäischen Patentübereinkommens eingereichten neuen europäischen Patentanmeldung beruht, über den Inhalt der früheren Anmeldung in ihrer bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht,
  4. der Schutzbereich des europäischen Patents erweitert worden ist,
  5. der Inhaber des europäischen Patents nicht nach Artikel 60 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens berechtigt ist.

Soweit das europäische Patent für nichtig erklärt worden ist, gelten die Wirkungen des europäischen Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten.

Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG → Nichtigkeit des europäischen Patents wegen unzulässiger Erweiterung

Bundespatentgericht und Bundesgerichtshof wenden bei der Entscheidung über die Nichtigerklärung eines europäischen Patents, das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist, nicht Art. 123 Abs. 2 und 3 EPÜ an, sondern entscheiden auf der Grundlage von Art. II § 6 IntPatÜbkG. Mit der Schaffung dieser Norm hat der nationale Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Gründe für die Nichtigerklärung eines europäischen Patents für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe von Art. 138 EPÜ aufzuführen. Nach Art. 138 EPÜ kann ein europäisches Patent - vorbehaltlich des Art. 139 EPÜ - nur aus den dort abschließend aufgeführten Gründen für nichtig erklärt werden. Die Norm steht damit zwar einer Entscheidung des nationalen Gerichts entgegen, durch die ein europäisches Patent auch dann für nichtig erklärt wird, wenn keiner der in Art. 138 EPÜ aufgeführten Gründe vorliegt. Sie eröffnet aber die Möglichkeit, dass das nationale Gericht auch bei Vorliegen eines solchen Grundes von der Nichtigerklärung des Patents absieht, ohne sich damit in Widerspruch zu Art. 123 EPÜ zu setzen, wie er von der Großen Beschwerdekammer verstanden wird.1)

§ 6 (2) IntPatÜG

Betreffen die Nichtigkeitsgründe nur einen Teil des europäischen Patents, wird das Patent durch entsprechende Änderung der Patentansprüche beschränkt und für teilweise nichtig erklärt.

§ 6 (3) IntPatÜG

Der Patentinhaber ist befugt, das europäische Patent in dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents durch Änderung der Patentansprüche in beschränktem Umfang zu verteidigen. Die so beschränkte Fassung ist dem Verfahren zugrunde zu legen.

§ 6 (4) IntPatÜG

Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 5 ist nur der nach Artikel 60 Abs. 1 des Europäischen Patentübereinkommens Berechtigte befugt, den Antrag zu stellen.

siehe auch

IntPatÜG, Art. II → Europäisches Patentrecht
Regelt die Umsetzung des nationalen Teil eines europäischen Patentes in Deutschland.

1)
BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12 - Wundbehandlungsvorrichtung