Embryonale Stammzellen

Das Stammzellgesetz gewährleistet - wie das Embryonenschutzgesetz - die Menschenwürde und das Recht auf Leben als Fundamente der Rechts- und Werteordnung1).

Mit dem grundsätzlichen Verbot der Einfuhr und Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen (§ 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 StZG) hält der Gesetzgeber an dem hohen Schutzniveau des Embryonenschutzgesetzes ausdrücklich und uneingeschränkt fest2).

Eine Ausnahme besteht allerdings hinsichtlich solcher embryonaler Stammzellen bzw. Stammzelllinien, die im Herkunftsland schon vor dem 1. Januar 2002 gewonnen worden sind, die Vernichtung der hierfür erforderlichen Embryonen bei Erlass des Stammzellgesetzes also bereits eine vollendete Tatsache war. Diese Regelung beruht auf der Erwägung, dass embryonale Stammzellen keine Embryonen sind und dem vorbehaltlos garantierten Grundrecht der Freiheit von Wissenschaft und Forschung somit auch keine unmittelbar kollidierenden Grundrechte von Embryonen gegenüberstehen (K8 a. a. O., Allgemeiner Teil I, S. 7 re. Sp. 3. Abs.) Um einerseits einen rechtlichen und ethischen Wertungswiderspruch zu dem hohen Schutzniveau des Embryonenschutzgesetzes zu vermeiden.3) und der mit dem Embryonenverbrauch verbundenen mittelbaren Gefährdung des Würdeschutzes vorzubeugen, andererseits aber auch dem Grundrecht der Forschungsfreiheit so weit als möglich Geltung zu verschaffen, hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Gebots der „praktischen Konkordanz“ die Erlaubnis der Einfuhr und Verwendung der „Stichtags“-Stammzellen an sehr strenge Auflagen geknüpft4). Darüber hinaus darf von Deutschland aus jedoch keine weitere Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung solcher Stammzellen ausgehen5).6)

Wie der Gesetzgeber ausdrücklich betont, dürfen menschliche embryonale Stammzellen i. S. v. § 3 Nr. 2 StZG, auch wenn sie keine Embryonen sind, in ethischer Hinsicht doch nicht wie jedes andere menschliche biologische Material angesehen werden, sondern es ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass zu ihrer Gewinnung Embryonen verbraucht werden müssen.7)

In der Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen sieht der Gesetzgeber daher eine mittelbare Gefährdung des Grundrechtsschutzes der Embryonen. Dementsprechend hat er die - von dem Embryonenschutzgesetz noch nicht erfasste - Einfuhr und Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen in § 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 StZG grundsätzlich verboten und nur unter den in § 4 Abs. 2 und 3, §§ 5 und 6 StZG genannten sehr strengen Voraussetzungen die Erlaubnis einer Einfuhr und Verwendung zu hochrangigen Forschungszwecken vorgesehen. Diese Erwägungen bestätigen, dass menschliche Embryonen und die daraus gewonnen embryonalen Stammzellen in einem untrennbaren tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen und ein Verständnis des Verwendungsbegriffs des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG dahingehend, dass die Verwendung von menschlichenEmbryonen selbst Gegenstand der Erfindung sein muss um dieses Patentierungsverbot eingreifen zu lassen, dem Schutzzweck dieser Norm widerspricht.8)

embryonale Keimzellen

Menschliche embryonale Keimzellen werden aus den Vorläuferzellen von Ei- und Samenzellen, sogenannten primordialen Keimzellen, gewonnen, die wiederum aus mehrere Wochen alten abgegangenen menschlichen Foeten isoliert werden 9). Damit aber ist zu deren Gewinnung der Verbrauch von Embryonen im Sinne des § 8 ESchG nicht erforderlich. Dieses dürfte auch der Grund dafür sein, dass embryonale Keimzellen üblicherweise nicht unter die Bezeichnung embryonale Stammzellen subsumiert werden (vgl. B6 S. 3 und S. 7 bis S. 9 1. Abs.).10)

siehe auch

1)
K8: Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 14/8394 Allgemeiner Teil, S. 7 re. Sp.
2)
K8: a. a. O., Allgemeiner Teil II, S. 8 Abs. 3
3)
K8 a. a. O., Allgemeiner Teil II, S. 8 li. Sp. 3. Abs.
4)
K8 a. a. O., Allgemeiner Teil I, S. 7 re. Sp. 3. Abs.
5)
K8 a. a. O., Allgemeiner Teil II, li. Sp. 4. Abs. i. V. m. § 1 Nr. 2 StZG
6) , 7) , 8) , 10)
BPatG - Urt. v. 5. Dezember 2006 - 3 Ni 42/04
9)
vgl. B6 S. 6/7 übergreifender Absatz und S. 46 Abs. 1