Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen der Markenware

Die Zustimmung, die einem Verzicht des Inhabers auf sein ausschließliches Recht im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 2008/95/EG (Art. 10 der Richtlinie [EU] 2015/2436; Art. 9 GMV/UMV) gleichkommt, ist das entscheidende Element für die Erschöpfung dieses Rechts und muss daher auf eine Weise geäußert werden, die einen Willen zum Verzicht auf dieses Recht [§ 24 (1) MarkenG → Erschöpfung des Markenrechts] mit Bestimmtheit erkennen lässt. Ein solcher Wille ergibt sich in der Regel aus einer ausdrücklichen Zustimmung. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass er sich in bestimmten Fällen konkludent aus Anhaltspunkten und Umständen vor, bei oder nach dem Inverkehrbringen außerhalb oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ergeben kann, die nach der Beurteilung des nationalen Gerichts ebenfalls mit Bestimmtheit einen Verzicht des Inhabers auf sein Recht erkennen lassen.1)

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geht auch hervor, dass die Erschöpfung des ausschließlichen Rechts des Markeninhabers in einigen Fällen zum Tragen kommt, wenn die Waren von einer Person in den Verkehr gebracht werden, die wirtschaftlich mit dem Inhaber der Marke verbunden ist. Das gilt insbesondere für Lizenznehmer. Das Inverkehrbringen von mit der Marke versehenen Waren durch einen Lizenznehmer muss folglich grundsätzlich als mit der Zustimmung des Inhabers der Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG (Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie [EU] 2015/2436) erfolgt angesehen werden.2)

Der Bundesgerichtshof hat zudem für das Urheberrecht entschieden, dass die für eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts erforderliche Zustimmung des Berechtigten zum Inverkehrbringen des Werkstücks nicht nur im Voraus (als Einwilligung), sondern auch im Nachhinein (als Genehmigung) erteilt werden kann.3)

Die spätere Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware durch die Lizenznehmerin an den Dritten, nachdem dieser die Ware weiterveräußert hat, kann nachträglich zur Erschöpfung des Markenrechts führen, weil der Markeninhaber seine Zustimmung nicht nur im Voraus (als Einwilligung), sondern auch im Nachhinein (als Genehmigung) erteilen kann.4)

Der Begriff der Zustimmung ist einheitlich im Sinne der Unionsrechtsordnung auszulegen.5)

Die Zustimmung muss auf eine Weise geäußert werden, die einen Willen zum Verzicht auf das Markenrecht mit Bestimmtheit erkennen lässt.6)

siehe auch

§ 24 (1) MarkenG → Erschöpfung des Markenrechts

1)
BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - myboshi; m.V.a. EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 41 und 45 f. - Zino Davidoff und Levi Strauss [Cool Water]; EuGH, Urteil vom 23. April 2009 - C-59/08, Slg. 2009, I-3439 = GRUR 2009, 593 Rn. 42 - Copad [Christan Dior]; Urteil vom 15. Oktober 2009 - C-324/08, Slg. 2011, I-10021 = GRUR 2009, 1159 Rn. 25 und 35 - Makro Zelfbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]; EuGH, GRUR 2010, 723 Rn. 38 - Coty Prestige [Davidoff]
2)
BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - myboshi; m.V.a. EuGH, GRUR, 2009, 593 Rn. 43 und 46 - Copad [Christian Dior]; GRUR 2009, 1159 Rn. 24 - Makro Zelfbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]
3)
BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - myboshi; m.V.a. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 Rn. 64 - Tripp-TrappStuhl; zu Art. 21 der Verordnung [EG] 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster [GGV] vgl. Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser, DesignG, GGV, 6. Aufl., Art. 21 GGV Rn. 18; BeckOK.Designrecht/Thiele, 6. Edition [Stand 15. November 2020], Art. 21 GGV Rn. 12; Stolz/Grohmann in Götting/Meyer/Vormbrock, Gewerblicher Rechtsschutz, § 19 Rn. 21
4)
BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20 - myboshi
5)
BGH, Urteil vom 27. Mai 2021 - I ZR 55/20 - Hyundai-Grauimport; m.V.a. EuGH, Urteil vom 20. November 2001 - C-414/99 bis 416/99, Slg. 2001, I-8691 = GRUR 2002, 156 Rn. 37, 43 - Zino Davidoff und Levi Strauss [Cool Water]; BGH, GRUR 2011, 820 Rn. 21 - Kuchenbesteck-Set; GRUR 2021, 971 Rn. 44 - myboshi
6)
BGH, Urteil vom 27. Mai 2021 - I ZR 55/20 - Hyundai-Grauimport; m.V.a. EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 41, 45 - Zino Davidoff und Levi Strauss [Cool Water]; GRUR 2009, 593 Rn. 42 - Copad [Christian Dior]; GRUR 2009, 1159 Rn. 22 - Makro Zeefbedieningsgroothandel u.a. [Diesel]