Der Markeninhaber kann sich allerdings nach Art. 7 Abs. 2 MarkenRL (§ 24 Abs. 2 MarkenG) dem weiteren Vertrieb der Ware nicht widersetzen [→ Verbotsrechte des Markeninhabers bezüglich des Umverpackens von Markenware], wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten i.S. des Art. 30 Satz 2 EG darstellt.1)
Eine solche verschleierte Beschränkung liegt - unter der Voraussetzung, dass das Umpacken unter Beachtung der berechtigten Interessen des Markeninhabers erfolgt - dann vor, wenn das vom Markeninhaber durchgesetzte Verbot des Umpackens zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde.2)
Der Markeninhaber kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr einer Beeinträchtigung des Originalzustands des Arzneimittels schafft, verbieten, es sei denn, das Umpacken ist erforderlich, um die Vermarktung der parallel importierten Ware zu ermöglichen, und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt.3)
Die Prüfung, ob sich die Ausübung von Markenrechten als eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten i.S. von Art. 30 Satz 2 EG darstellt, ist vielmehr auch dann vorzunehmen, wenn der Markeninhaber das gleiche Produkt in erschiedenen Mitgliedstaaten unter verschiedenen Marken vertreibt. Für den Fall, dass der Parallelimporteur wegen einer solchen „Zwei-Marken-Strategie“ des Originalherstellers beim Weitervertrieb der Waren dessen inländische Marke anstelle der von diesem ursprünglich im Ausland verwendeten Marke benutzt (Markenersetzung), ist die Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit des Parallelimports anerkannt.4)
Wird ein Erzeugnis in verschiedenen Gestaltungen in einem Mitgliedstaat in Verkehr gebracht, so liegt eine Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten auch dann vor, wenn das Erzeugnis in anderen Mitgliedstaaten nur in einigen dieser Gestaltungen vertrieben werden kann, andere Gestaltungen dagegen ausgeschlossen sind.5)
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat insoweit entschieden6), dass sich ein Markeninhaber dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels nach Art. 7 Abs. 2 MRRL (§ 24 Abs. 2 MarkenG) widersetzen kann, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es sind folgende fünf Voraussetzungen erfüllt:7)
Das Erfordernis, dass das Umpacken notwendig ist, um die Ware in dem Einfuhrmitgliedstaat vermarkten zu können, gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften jedoch nur für das Umpacken der Ware als solches sowie für die Wahl, ob die Wiederanbringung der Marke durch Neuverpackung oder durch Aufkleben eines Etiketts auf die Verpackung der Ware erfolgt, im Hinblick darauf, den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt des Einfuhrmitgliedstaats zu ermöglichen, nicht dagegen für die Art und Weise, in der das Umpacken durchgeführt wird.13)
Sofern das Umpacken als solches erforderlich ist, ist allein zu prüfen, ob die neue Umverpackung, mit der der Parallelimporteur die importierte Ware versieht, berechtigte Interessen des Markeninhabers beeinträchtigt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Umpacken den Originalzustand des Arzneimittels oder den Ruf der Marke schädigt.14)
Die Frage, ob ein solcher Umstand und damit ein berechtigter Grund i.S. von Art. 7 Abs. 2 MRRL, § 24 Abs. 2 MarkenG vorliegt, hat das nationale Gericht nach dem jeweiligen Sachverhalt zu entscheiden.15)
In der Entscheidung „Bristol-Myers Squibb u.a./Paranova“ hat der Gerichtshof nur als Beispiele16) dafür, dass eine unangemessene Aufmachung der umgepackten Ware den Ruf der Marke oder ihres Inhabers schädigen könne, angeführt, dass die Verpackung schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist.17)
Der Parallelimporteur muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Zulässigkeit des Umpackens auf der neuen Verpackung die Angabe, von wem die Ware umgepackt worden ist, so deutlich aufdrucken, „dass sie ein normalsichtiger Verbraucher bei Anwendung eines normalen Maßes an Aufmerksamkeit verstehen kann“.18)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften kommt es für die Frage, ob das Geltendmachen der Markenrechte zu einer künstlichen Marktabschottung führt, darauf an, ob die Umverpackung erforderlich ist, um tatsächlich Zugang zu dem betreffenden Markt erlangen zu können oder ob dieser Zugang auch bei Verwendung der als parallel importiert gekennzeichneten, also mit Etiketten überklebten Originalverpackungen gegeben ist. Besteht eine Abneigung der Verbraucher gegen mit Etiketten überklebte Arzneimittelpackungen, so stellt dies nicht stets ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt dar, das - im Sinne dieser Rechtsprechung - ein Umpacken in eine neue Verpackung erforderlich macht. Davon kann vielmehr erst dann ausgegangen werden, wenn auf einem Markt oder einem beträchtlichen Teil dieses Markts ein so starker Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen mit Etiketten überklebte Arzneimittelpackungen besteht, dass von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt auszugehen ist. Denn dann wird mit dem Umpacken der Arzneimittel nicht ausschließlich ein wirtschaftlicher Vorteil angestrebt, sondern es dient der Erlangung des tatsächlichen Zugangs zum Markt.19)