Erschöpfung des Rechts aus der Gemeinschaftsmarke

Artikel 13 (1) GMV

Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.

Artikel 13 (2) GMV → Berechtigte Gründe gegen den Weitervertrieb der Waren

Nach Art. 15 Abs. 1 UMV (Art. 13 Abs. 1 GMV) gewährt die Unionsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von dem Inhaber oder mit dessen Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Die Erschöpfung tritt vorbehaltlich des Art. 15 Abs. 2 UMV (Art. 13 Abs. 2 GMV) hinsichtlich aller Handlungen ein, die nach Art. 9 Abs. 3 UMV (Art. 9 Abs. 2 GMV) eine Verletzung der Marke darstellen können. Sie erfasst insbesondere das so genannte Ankündigungsrecht, weshalb Waren, die mit einer Marke gekennzeichnet sind, bei ihrem Weitervertrieb durch Dritte grundsätzlich unter ihrer Marke beworben werden können.1)

Aus der Beschränkung des Rechts aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV) auf die Benutzung „für Waren“ folgt, dass die Marke auch im Falle der Erschöpfung in der Werbung nur „für Waren“ verwendet werden darf .2)

Erforderlich ist eine konkrete Bezugnahme auf Originalprodukte. Daran fehlt es, wenn die Werbung entweder nicht produktbezogen, sondern unternehmensbezogen erfolgt oder sich auf andere Produkte als Originalprodukte bezieht.3)

Dem Erschöpfungseinwand steht nicht entgegen, dass die Marke nicht für ein konkretes Warenstück oder zumindest ein bestimmtes Produkt verwendet wird. Mit der Anforderung einer Bezugnahme auf konkrete Originalprodukte ist keine Werbung für konkrete Warenstücke gemeint4). Vielmehr muss der Werbende nur tatsächlich Waren des Markeninhabers vertreiben und der Verkehr muss angesichts der Werbung davon ausgehen, dass der Verkäufer Originalprodukte in seinem Sortiment führt und veräußert.5)

Die Revision lässt unberücksichtigt, dass es für den Eintritt der Erschöpfung ausreicht, wenn der Werbende über die Ware, auf die sich die Werbung bezieht, im vorgesehenen Zeitpunkt ihres Absatzes ohne Verletzung des Rechts des Markeninhabers verfügen kann. Es ist nicht erforderlich, dass der Werbende die Ware im Zeitpunkt der Werbung bereits vorrätig hat.6)

Ein Unternehmen, das sich auf den Wiederverkauf von Waren fremder Marken spezialisiert hat, kann den Verkehr über seine - unter Umständen eine Vielzahl von Marken betreffende - Geschäftstätigkeit nur ausreichend in Kenntnis setzen, wenn es die Marken der von ihm vertriebenen Produkte auch in einer Werbung verwenden darf, die sämtliche Waren betrifft.7)

Maßgeblich ist insoweit, wie der Verkehr die Benutzung des fremden Kennzeichens wahrnimmt.8)

Unternehmensbezogen ist eine Werbung jedenfalls, wenn sie aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise das Unternehmen von anderen Unternehmen abgrenzt oder sich ausschließlich auf dessen Leistungsvermögen bezieht. Dagegen weist das Kennzeichen einen Warenbezug auf, wenn der angesprochene Verkehr die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für Waren ansieht. Das ist dann der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für ein beworbenes Produkt verstanden wird.9)

Gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers aus der Gemeinschaftsmarke berufen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

Nach Art. 13 Abs. 1 GMV und Art. 13 Abs. 1 UMV gewährt die Gemeinschaftsmarke (Unionsmarke) ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft (im Europäischen Wirtschaftsraum) in Verkehr gebracht worden sind. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall vor. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Arzneimittel durch die Klägerin oder mit ihrer Zustimmung durch ihre Kooperationspartner in Italien in Verkehr gebracht worden ist. Zwischen den Parteien besteht allein darüber Streit, ob die Klägerin sich gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV und Art. 13 Abs. 2 UMV dem Vertrieb des Arzneimittels in Deutschland aus berechtigten Gründen widersetzen kann.10)

Umpacken mit einer Marke versehener Waren

siehe auch

GMV → Gemeinschaftsmarkenverordnung

1)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; vgl. zu Art. 7 der Richtlinie 89/104/EWG EuGH, Urteil vom 4. November 1997 - C-337/95, Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140 Rn. 36 f. - Dior/Evora; Urteil vom 23. Februar 1999 - C-63/97, Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438 Rn. 48 - BMW/Deenik; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6963 = GRUR 2010, 841 Rn. 77 - Portakabin/Primakabin; vgl. zu § 24 MarkenG BGH, Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 202/00, GRUR 2003, 340, 341 [juris Rn. 33] = WRP 2003, 534 - Mitsubishi; Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 256/00, GRUR 2003, 878, 879 [juris Rn. 20] = WRP 2003, 1231 - Vier Ringe über Audi; Urteil vom 8. Februar 2007 - I ZR 77/04, GRUR 2007, 784 Rn. 20 = WRP 2007, 1095 - AIDOL
2)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; m.V.a. Eisenführ/Eberhardt in Eisenführ/Schennen, UMV, 5. Aufl., Art. 13 Rn. 9; BeckOK.UMV/Müller, Stand 28. Mai 2018, Art. 15 Rn. 5; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. § 24 Rn. 66
3)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; m.V.a. BGH, GRUR 2007, 784 Rn. 21 - AIDOL, mwN
4)
vgl. BGH, GRUR 2003, 878, 879 f. [juris Rn. 21] - Vier Ringe über Audi
5)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less
6)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; m.V.a. BGH, GRUR 2003, 878, 879 f. [juris Rn. 21] - Vier Ringe über Audi
7)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 841 Rn. 90 f. - Portakabin/Primakabin, betreffend den Wiederverkauf von Gebrauchtwaren
8)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; m.V.a. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 24 Rn. 51; Jacobs, GRUR 2011, 1069, 1072
9)
BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - beauty for less; zur rechtserhaltenden Benutzung BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 [juris Rn. 18] = WRP 2005, 1527 - OTTO, mwN
10)
BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 263/15 - BretarisGenuair