Noch einzuarbeiten: Entscheidungsgründe von BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08 – Vorschaubilder
Pressemitteilung: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=51777&linked=pm&Blank=1
Thumbnails weisen als bloße Verkleinerung bzw. Komprimierung keine eigene schöpferische Gestaltungshöhe auf.1), sondern sind allein technisch bedingte und technisch herbeigeführte Veränderungen eines Werkes. Der bloßen Verkleinerung bzw. Komprimierung kommt auch keine eigenständige, dem Werk dienende Funktion zu2).3)
Ein Vergleich von Originalbild und Thumbnail ergibt, dass bei letzterem die prägenden, schöpferischen Gestaltungselemente des Originals übernommen werden, so dass eine für den Fall der Veröffentlichung und Verwertung einwilligungsbedürftige unfreie Benutzung im Sinne von § 23 UrhG vorliegt. Die bloße Änderung der Pixelanzahl ändert daran nichts, weil auch das verkleinert dargestellte Bild in seinen wesentlichen schöpferischen Zügen genauso gut erkennbar ist wie das Original.4)
Trefferlisten von Suchmaschinen zeigen die Thumbnails dauerhaft an und bieten dem Verwerter eine Vielzahl von Einnahmemöglichkeiten, insbesondere durch Werbung.5)
Durch das Einstellen von Bildern zur freien Betrachtung und ohne technische Schutzmaßnahmen ins Internet wird keine konkludente Willenserklärung in Hinblick auf eine Nutzungsrechtseinräumung wegen der Umgestaltung ihrer Bilder zu Thumbnails durch eine Suchmaschine im Sinne von § 23 UrhG abgegeben.6)
Hierzu findet sich in der Literatur abweichende Auffassungen: vgl. Berberich MMR 2005, 145, 147; Braun jurisPR-ITR 6/2006 Anm. 4 als Anm. zu LG Bielefeld, Urt. v. 08.11.2005; mit Einschränkungen: Ott ZUM 2007, 119, 126 f., sehr weit gehend auch Schricker/Wild § 97 UrhG Rn. 40 m
Dies gilt selbst unter Berücksichtigung etwaiger Interessen, dass eine Homepage bzw. deren Bilder von möglichst vielen Internetnutzern angeschaut werden.7)
Derjenige, der Bilder frei ins Internet einstellt, will lediglich erreichen, dass sie von anderen Internetnutzern angesehen werden können. Ein darüber hinaus gehender Wille, irgendwelche Nutzungsverträge abschließen oder auch nur Einwilligungen zu erteilen, geht damit vernünftigerweise nicht einher, weil dies originären Urheberinteressen widersprechen würde. Der Urheber, der einen Werkgenuss ermöglichen will, willigt grundsätzlich nicht darin ein, dass Nutzungshandlungen vorgenommen werden, die über den ungehinderten Werkgenuss hinaus gehen. Aufgrund der nicht absehbaren Entwicklungen in Hinblick auf die technischen Möglichkeiten des Internet und darin vorkommender Verwertungsformen liegt ein solch allgemeiner Wille desjenigen, der Bilder ins Internet einstellt, fern.8)
Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil der Urheber, der Bilder ins Internet einstellt, weiß, dass diese von Suchmaschinen gefunden werden können. Zwar ist davon auszugehen, dass durchaus jeder Internetnutzer bzw. Gestalter von Internetseiten weiß, dass es Suchmaschinen gibt. Ein Wille, dass Suchmaschinen Bilder aus Internetseiten auffinden und als thumbnails anzeigen dürfen, lässt sich allein daraus aber nicht herleiten. Zwar mag dies im Einzelfall denkbar sein, wenn Internetseiten dergestalt werbeunterstützt sind, dass ein wesentliches Interesse besteht, auf diesen Seiten „traffic zu generieren“. Eine für jeden Internetnutzer gültige konkludente Erklärung lässt sich aus solchen Einzelfällen aber nicht herleiten, insbesondere im Falle der Klägerin nicht, die allein aus dem Umstand, wie oft ihre Internetseite aufgefunden wird, unstreitig keinerlei Einnahmen erzielt.9)
Das Einstellen von Bildern ins Internet kann außerdem auf ganz verschiedenen Beweggründen beruhen, die nicht alle (z.B. bei privaten Bildern) selbstverständlich zum Inhalt haben, dass ein Auffinden und Umgestalten durch Suchmaschinen und damit durch möglichst viele Internetnutzer nachgerade gewünscht wird.10)
Man kann und darf einen Rechtsfolgewillen in Bezug auf eine Einwilligung auch nicht von demjenigen erwarten, der sich über eine Verwertung seiner urheberrechtlich geschützten Werke im Rahmen einer Suchmaschine bei der Einstellung dieser Werke auf eigene Internetseiten überhaupt keine Gedanken macht. Ein derartiges Schweigen im Rechtsverkehr kann nicht die Bedeutung einer konkludenten Einwilligung haben, weil der insoweit Schweigende nach Treu und Glauben nicht verpflichtet gewesen wäre, eine Erklärung abzugeben und der Suchmaschinenbetreiber dies auch nicht einschränkungslos, also für alle Internetseitenbetreiber gleich, erwarten darf.11)
Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG), ist jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig, wenn die Beklagte dem Verhalten der Klägerin (auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung) entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden. Denn die Klägerin hat den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.12)
Rein wirtschaftlichen Interessen des Urhebers bei der Beurteilung, ob seinem Verhalten der Wille zur Einwilligung in eine Umgestaltung zu entnehmen ist, dürfen nicht allein ausschlaggebend sein. Denn der Urheber ist aufgrund des anerkannten Urheberpersönlichkeitsrechts auch in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk geschützt (§ 11 Satz 1 UrhG), gerade wenn es sich um umgestaltende Verwertungen handelt (§§ 14, 39 UrhG).13)
In bestimmten Situation kann das Berufen einer Klägerin auf eine fehlende Einwilligung zur Verwertung ihrer Bilder durch Suchmaschinen rechtsmissbräuchlich und treuwidrig im Sinne von § 242 BGB (venire contra factum proprium) sein.14)
Es ist widersprüchlich, ein mangelndes Einverständnis mit der Indexierung und Verwertung durch eine (ebenfalls textgestützte) Bildersuchmaschine im Prozess zu behaupten, gleichzeitig aber tatsächlich Handlungen vorzunehmen, die eine Indexierung durch Suchmaschinen ermöglichen und sogar erleichtern, und die auf einer bewussten technischen Ansteuerung bzw. Beeinflussung der Suchmaschinentechnik beruhen.15)
Bereits die Herstellung von Verkleinerungen bzw. Komprimierungen von Bildern mit stark reduzierter Pixelanzahl und die Ablage dieser Thumbnails auf Speichermedien kann unter Umständen eine Vervielfältigung der Werke im Sinne von § 16 Abs. 1 UrhG darstellt.16)
Die Veröffentlichung von Thumbnails eines Fotos könnte gegebenenfalls auch als eine Veröffentlichung des Werks selbst aufgefaßt werden [→ Recht der öffentlichen Zugänglichmachung].17)
Erstellte und in der Trefferliste einer Suchmaschine angezeigte Thumbnails sind sonstige Umgestaltungen im Sinne von § 23 UrhG.18)
Jedenfalls greift das Anzeigen, also Verwerten von Thumbnails im Rahmen einer Trefferliste einer Suchmaschine in das dem Urheber vorbehaltene Recht nach § 23 UrhG [→ Bearbeitungen und Umgestaltungen] ein.19)
Dabei spielt die umstrittene Frage, wie Bearbeitungen und sonstige Umgestaltungen im Sinne von § 23 UrhG voneinander abzugrenzen sind, keine entscheidende Rolle.20)