Garantie der kommunalen Selbstverwaltung

Art. 28 (2) GG

Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

Gebot der Staatsferne der Presse

Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, namentlich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 71 Abs. 1 LV BW.1)

Die Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen.2)

Bezugspunkt der Allzuständigkeit der Gemeinden sind dabei jedoch immer die Angelegenheiten, die als Aufgaben der öffentlichen Verwaltung anzusehen sind.3).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Zuständigkeit der Gemeinde auf Verwaltungshandeln im bürokratisch-technischen Sinne reduziert ist.4)

Ein Bezugspunkt für ihre Zuständigkeit kann vielmehr auch bei Angelegenheiten gegeben sein, mit denen sich die Gemeinde aufgrund eigener Betroffenheit im Vorfeld künftiger eigener Aufgabenwahrnehmung befassen darf.5)

Dagegen macht allein ein lokaler oder gemeinschaftsstiftender Bezug eine Angelegenheit noch nicht zu einer solchen der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.6)

Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hat als Kompetenznorm zudem ausschließlich staatsgerichtete Funktion und entfaltet keine Wirkung im Staat-Bürger-Verhältnis.7). Sie stellt ein Aufgabenverteilungsprinzip zugunsten der Gemeinden im Bereich der Staatsorganisation8) und keine Verteilungsregel für das Verhältnis von Staat und Wirtschaft oder Staat und Bürger dar.9)

Die Kompetenz zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt Kommunen nicht jegliche pressemäßige Äußerung, die irgendeinen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweist.10)

Die innere Grenze wird durch den erforderlichen Bezug zur Gemeinde und ihren Aufgaben gesetzt. Kommunale Öffentlichkeitsarbeit ist begrenzt durch das Erfordernis eines spezifischen Orts- und Aufgabenbezugs; die Gemeinde erlangt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat.11)

Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG [→ Presse und Rundfunkfreiheit], die ihrerseits nicht durch die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Grundrechte Dritter oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) eingeschränkt wird.12)

Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG schränkt die Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ein. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist eine staatsorganisationsrechtliche Kompetenznorm, die den Gemeinden in Abgrenzung zu Bund und Ländern einen eigenen Aufgabenbereich zuweist.13)

Die Regelung hat ausschließlich staatsgerichtete Funktion14) und begründet keine grundrechtlich geschützte Position der Gemeinde, die gegen die Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuwägen wäre.15)

Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.16) [→ Gebot der Staatsferne der Presse]

siehe auch

Grundrecht

1)
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.w.N.
2)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 25] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN
3)
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. BeckOK.GG/Hellermann, Stand: 15. August 2018, Art. 28 Rn. 30 f.; Müller-Franken, K&R 2018, 73, 76
4)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; insoweit kritisch Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 3 mwN; Jung, Das kommunale Amtsblatt - Inhalt, Ausgestaltung, Präsentation, 2021, S. 65; vgl. auch Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2
5)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 24] - Crailsheimer Stadtblatt II
6)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; aA Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2 und 9; Winkler, JZ 2019, 367, 368; Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 5; Jung, Das kommunale Amtsblatt - Inhalt, Ausgestaltung, Präsentation, 2021, S. 65 f.
7)
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/Nierhaus/Engels, GG, 8. Aufl., Art. 28 Rn. 40; Dreier in Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 28 Rn. 98
8)
vgl. BVerfG, NVwZ 2018, 140 Rn. 59
9) , 12) , 15)
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II
10)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 28] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN
11)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 29] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN
13)
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. BVerfG, NVwZ 2018, 140 Rn. 59
14)
Sachs/Nierhaus/Engels aaO Rn. 40
16)
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 30] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN