Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, müssen in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten, die unter Berücksichtigung nicht nur des Wortlauts der Vorschrift, sondern auch ihres Kontexts und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss.1)
Hierbei kann die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den übrigen Sprachfassungen beanspruchen.2)
Die Bedeutung und Tragweite eines unionsrechtlichen Rechtsbegriffs, der im einschlägigen Unionsrecht nicht definiert ist, ist entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird und welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der er gehört.3)
Das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV stellt ein zentrales Instrument zur Sicherung der einheitlichen Anwendung und Auslegung des Unionsrechts in der Europäischen Union dar. Es ermöglicht nationalen Gerichten, Fragen zur Auslegung von Vorschriften des Unionsrechts oder zur Gültigkeit von Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Ziel dieses Verfahrens ist es, sicherzustellen, dass das Unionsrecht in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt wird und somit die Rechtsordnung der Union kohärent bleibt.
→ Gesetzesauslegung (Grundrecht)