Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen im Sinn des Absatzes 1. Dies gilt nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren.
Artikel 53 c) S. 1 EPÜ 2000 → Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren
Artikel 52 (4) EPÜ 1973 sah unter der Überschrift „Patentfähige Erfindungen“ unter anderem Folgendes vor: „Verfahren zur … therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers … gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen …“.
Nach Artikel 52 EPÜ 1973 – im Kontext betrachtet – waren die in Artikel 52 (4) EPÜ 1973 genannten, am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommenen Diagnostizierverfahren (und analog dazu auch die therapeutischen Verfahren) Erfindungen im Sinne von Artikel 52 (1) EPÜ 1973 und somit auch von Artikel 57 EPÜ 1973 sind, jedoch aufgrund einer gesetzlichen Fiktion nicht als gewerblich anwendbar gelten.1)
Der Zweck des Artikels 52 (4) EPÜ 1973 bestand darin, den Begriff der gewerblichen Anwendbarkeit im Bereich der human- und veterinärmedizinischen Behandlungen zu beschränken, deshalb sei der Artikel als lex specialis zu betrachten und habe Vorrang vor Artikel 57 EPÜ 1973.2)
Laut Nummer 6 der Erläuterungen zu den „Übergangsbestimmungen“ (ebenfalls Sonderausgabe Nr. 4 zum ABl. EPA 2001, 134) ist die Überführung des früheren Artikels 52 (4) EPÜ 1973 in den neuen Artikel 53 c) EPÜ 2000 „rein redaktioneller Natur“ und bewirkt keine „sachliche Änderung der bestehenden Rechtslage“.3)
In der Stellungnahme G 1/04 hielt die Große Beschwerdekammer am Ende von Nummer 10 fest, dass der Grund für diese Änderung die Erkenntnis gewesen sei, dass der Ausschluss dieser Verfahren von der Patentierbarkeit auf Erwägungen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit beruhte und es nicht mehr gerechtfertigt war, ihn mit mangelnder gewerblicher Anwendbarkeit zu begründen.4)
Die vorbereitenden Dokumente CA/PL 8/99, CA/PL PV 9, Nummern 32 - 34, CA/PL PV 14, Nummern 152 und 157 - 158, CA/100/00, Seiten 41 - 42, MR/2/00, Seiten 45 - 46 und MR/24/00, Seite 71 legen Zeugnis dafür ab, aus welchen Beweggründen heraus der Gesetzgeber die Änderungen vorgenommen hat.5)
Zusammenfassend heißt es in der Sonderausgabe Nr. 4 zum ABl. EPA 2007, 58:
Zusätzlich zu den beiden in Artikel 53 a) und b) EPÜ genannten Ausnahmen von der Patentierbarkeit wurde auch der in Artikel 52 (4) EPÜ 1973 verankerte Ausschluss von Behandlungs- und Diagnostizierverfahren aufgenommen. Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung waren – obgleich es sich um Erfindungen handelt – vom Patentschutz ausgeschlossen, weil ihnen die gewerbliche Anwendbarkeit abgesprochen wurde. Da Behandlungs- und Diagnostizierverfahren jedoch in erster Linie aus Gründen des öffentlichen Gesundheitswesens von der Patentierbarkeit ausgenommen sind, sollte nicht mehr mit der fehlenden gewerblichen Anwendbarkeit argumentiert werden. Es erschien daher angebracht, auch diese Erfindungen unter den Ausnahmen von der Patentierbarkeit aufzuführen und damit die drei vom Patentschutz ausgeschlossenen Kategorien in Artikel 53 a), b) und c) EPÜ zusammenzuführen.6)