Der Anmelder kann eine Teilanmeldung zu jeder anhängigen früheren europäische Patentanmeldung einreichen, sofern:
a) die Teilanmeldung vor Ablauf einer Frist von vierundzwanzig Monaten nach dem ersten Bescheid der Prüfungsabteilung zu der frühesten Anmeldung eingereicht wird, zu der ein Bescheid ergangen ist;
Regel 36 (1) EPÜ → Materiellrechtliche Voraussetzungen für die Einreichung der europäischen Teilanmeldung, Anhängige frühere europäische Patentanmeldung
Regel 36 (1) a) EPÜ → Obligatorische Teilung
Art. 76 EPÜ → Europäische Teilanmeldung
Gemäß Regel 36 (1) a) EPÜ in der seit 1.4.2010 anwendbaren Fassung kann eine Teilanmeldung (freiwillige Teilung) nur vor Ablauf einer Frist von vierundzwanzig Monaten nach dem ersten Bescheid der Prüfungsabteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2), oder Regel 71 (3) EPÜ zu der frühesten Anmeldung, zu der ein Bescheid ergangen ist, eingereicht werden.1)
Dieser Bescheid löst auch die Frist für die sog. obligatorische Teilung nach Regel 36 (1) b) EPÜ aus, wenn darin ein spezifischer Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit zum ersten Mal erhoben wird.2)
Die „10-Tages-Regel“ nach Regel 126 (2) EPÜ findet zur Berechnung der 24-Monatsfrist Anwendung.
Für einschlägige Bescheide, die ab dem 18.4.2011 erstellt werden, enthalten die zugehörigen Formblätter (EPA Form 2001, 2001A und 2004) einen gesonderten Hinweis auf die fristauslösende Wirkung des Bescheids. Zugleich ergeht zu jeder von der frühesten Anmeldung, zu der ein Bescheid ergangen ist, in direkter Linie abgeleiteten Teilanmeldung eine gesonderte Mitteilung (EPA Form 1230) mit dem Hinweis, dass die Zustellung dieses ersten Bescheids die Frist zur freiwilligen Teilung in Gang setzt.3)
Darüber hinaus wird der Tag der Absendung des ersten Bescheids der Prüfungsabteilung nach Regel 36 (1) a) EPÜ im Europäischen Patentregister eingetragen. Erfasst sind auch Bescheide, die bereits vor Inkrafttreten des entsprechenden Beschlusses zu noch anhängigen Anmeldungen ergangen sind. Die Eintragung erfolgt sowohl für die früheste Anmeldung, zu welcher der Bescheid ergangen ist, als auch für davon in direkter Linie abgeleitete Teilanmeldungen.4)
Unter dem in der neuen Regel 36 (1) a) EPÜ genannten „ersten Bescheid der Prüfungsabteilung“ ist eine Mitteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) EPÜ oder gegebenenfalls Regel 71 (3) EPÜ zu verstehen.5)
Unter einem „Bescheid“ im Sinne der geänderten Regel 36 (1) EPÜ, welcher – soweit es sich um den ersten Bescheid der Prüfungsabteilung handelt bzw. die Prüfungsabteilung mit diesem Bescheid zum ersten Mal einen Uneinheitlichkeitseinwand erhebt – die Frist für die freiwillige bzw. obligatorische Teilung in Gang setzt, ist eine substanzielle Mitteilung zu verstehen, welche die Ansicht der Prüfungsabteilung darlegt, ob die Anmeldung oder die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügt. Zwar nimmt die geänderte Regel 36 (1) EPÜ nicht ausdrücklich auf einen „substanziellen Bescheid“ Bezug; in Übereinstimmung mit der Gesetzgebungshistorie soll der Anmelder jedoch die Möglichkeit haben, Teilanmeldungen innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten einzureichen, nachdem er über die Ansicht der Prüfungsabteilung bezüglich der Übereinstimmung der Anmeldung mit den Erfordernissen des EPÜ unterrichtet wurde.6)
Mit der Zustellung dieser Mitteilung zu der frühesten europäischen Patentanmeldung beginnt die 24-Monatsfrist zur Einreichung einer Teilanmeldung zu laufen, eines der beiden Erfordernisse für die freiwillige Teilung.7)
In ESPACE Bulletin kann beispielsweise nach dem Namen des Anmelders oder des Vertreters, oder bestimmten Verfahrensereignissen wie der Absendung des ersten Prüfungsbescheids gesucht werden. Weitere Informationen zu den Recherchemöglichkeiten sind auf der Website des EPA unter http://www.epo.org/patents/patentinformation/subscription/bulletin_de.html abrufbar.8)
Eine Mitteilung nach Regel 161 EPÜ (sowohl in der geänderten als auch in der bis zum 31. März 2010 gültigen Fassung) ist – auch soweit diese in Übereinstimmung mit Regel 10 EPÜ im Namen der Prüfungsabteilung ergeht – kein substanzieller Bescheid im Sinne der Regel 36 (1) EPÜ und löst daher nicht die Frist für die freiwillige oder obligatorische Einreichung von Teilanmeldungen aus. Vielmehr handelt sich bei einer Mitteilung nach Regel 161 EPÜ um eine – den Anforderungen des PCT Rechnung tragende – im Wesentlichen formelle Mitteilung ohne eigenen substanziellen Inhalt (siehe nachstehend II). Diese Mitteilung nimmt auf den schriftlichen Bescheid der Internationalen Recherchenbehörde (WO-ISA), den internationalen vorläufigen Prüfungsbericht (IPER) oder Erläuterungen in einem ergänzenden internationalen Recherchenbericht (SISR) Bezug, enthält aber noch nicht die Ansicht der Prüfungsabteilung selbst, ob die Anmeldung oder die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügt. Vielmehr dient die Mitteilung nach Regel 161 (1) EPÜ der Vorbereitung und Beschleunigung der sich anschließenden Diskussion mit der Prüfungsabteilung, indem der Anmelder die Ergebnisse der internationalen Phase bereits berücksichtigt hat.9)
Die Entscheidung J 9/10 vom 18. April 2012 (nicht im Amtsblatt des EPA veröffentlicht) hat die Gültigkeit einer automatisch erstellten Mitteilung der Prüfungsabteilung auf EPA Form 2001A10).)) in Zweifel gezogen. Um zu verhindern, dass bei Anmeldern und der Öffentlichkeit infolge dieser Entscheidung Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Berechnung der Frist nach Regel 36 (1) EPÜ entsteht, wird die Eingangsstelle des EPA zukünftig bei der Prüfung einer Teilanmeldung nach Artikel 90 (1) EPÜ in Verbindung mit Regel 36 (1) EPÜ im Hinblick auf die Erfüllung des Fristerfordernisses eine auf EPA Form 2001A ergangene Mitteilung nicht mehr als fristauslösenden Bescheid der Prüfungsabteilung betrachten. Dies bedeutet, dass die Frist nach Regel 36 (1) a) EPÜ in den einschlägigen Fällen – ohne Berücksichtigung der Mitteilung auf EPA Form 2001A – ab Zustellung des ersten Bescheids der Prüfungsabteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) oder Regel 71 (3) EPÜ zu der frühesten Anmeldung, zu der ein Bescheid ergangen ist, zu laufen beginnt.11)
Es wird darauf hingewiesen, dass die Information im Europäischen Patentregister betreffend des für die Fristberechnung nach Regel 36 (1) a) EPÜ relevanten Bescheids nicht mehr zutreffend ist, wenn dort auf eine auf EPA Form 2001A ergangene Mitteilung Bezug genommen wird.12)