Amtsblatt November 2020, A123 → Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über Störungen aufgrund des Ausbruchs von COVID-19
Das Europäische Patentamt verfolgt die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 aufmerksam. Entsprechend hat das Amt am 1. Mai[ 1 ] und am 27. Mai 2020[ 2 ] Mitteilungen über Störungen aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 veröffentlicht, in denen auf die Rechtsbehelfe hingewiesen wurde, die nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) und dem Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) auf die Versäumung von Zahlungsfristen zur Anwendung kommen können. Insbesondere wurden gemäß der Mitteilung vom 1. Mai 2020 nach Regel 134 (2) EPÜ Fristen, die am oder nach dem 15. März 2020 ablaufen, für alle Verfahrensbeteiligten und ihre Vertreter bis zum 2. Juni 2020 verlängert, und es wurde in beiden Mitteilungen auf die Anwendung der Regel 134 (5) EPÜ und der Regel 82quater.1 PCT verwiesen. Aufgrund der jüngsten Zunahme der durch den Ausbruch von COVID-19 verursachten Störungen wird erneut auf die Rechtsbehelfe hingewiesen, die nach dem EPÜ und dem PCT auf die Versäumung von Fristen zur Anwendung kommen können, insbesondere auf die Anwendung der Regel 134 (5) EPÜ und der Regel 82quater.1 PCT.1)
Regel 134 (5) EPÜ bietet eine Absicherung bei Fristversäumnissen infolge einer durch ein außerordentliches Ereignis verursachten Störung der Zustellung oder Übermittlung der Post mit Wirkung für den Sitz oder Wohnsitz oder den Ort der Geschäftstätigkeit eines Anmelders oder Beteiligten oder seines Vertreters. Diese Vorschrift ist auf Fälle anwendbar, in denen die Fristversäumnis auf außerordentliche Umstände zurückzuführen ist, die der Anmelder nicht zu vertreten hat; sie kann daher von allen Anmeldern, Verfahrensbeteiligten oder deren Vertretern geltend gemacht werden, die durch die Störung in den vom Ausbruch des Virus betroffenen Gebieten beeinträchtigt sind.2)
Nach Regel 134 (5) EPÜ gilt ein verspätet eingegangenes Schriftstück als rechtzeitig eingegangen, wenn der Betroffene den Nachweis erbringt, dass es an einem der letzten zehn Tage vor Ablauf einer Frist aufgrund dieses außerordentlichen Ereignisses nicht möglich war, die Frist einzuhalten, und der Versand spätestens am fünften Tag nach Ende der Störung vorgenommen wurde.3)
Bezüglich der im PCT vorgesehenen Fristen und Bedingungen wird auf Regel 82quater.1 PCT verwiesen. Weist der Beteiligte insbesondere glaubhaft nach, dass die Überschreitung einer im PCT festgelegten Frist auf eine Naturkatastrophe oder eine ähnliche Ursache an seinem Sitz oder Wohnsitz, am Ort seiner Geschäftstätigkeit oder an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zurückzuführen ist und dass die maßgebliche Handlung so bald wie zumutbar (und spätestens sechs Monate nach Ablauf der betreffenden Frist) vorgenommen wurde, so wird die Fristüberschreitung entschuldigt. Diese Vorschrift ist auf anhängige internationale Anmeldungen in der internationalen Phase anwendbar, auf die Prioritätsfrist jedoch nicht.4)
Das Europäische Patentamt wird die weiteren Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 aufmerksam verfolgen und die Anmelder und ihre Vertreter entsprechend informieren, insbesondere über eine etwaige allgemeine Störung in der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der Regel 134 (2) EPÜ.5)