Die Ermittlung des Erfindungswertes nach dem erfaßbaren betrieblichen Nutzen kommt vor allem bei Erfindungen in Betracht, mit deren Hilfe Ersparnisse erzielt werden, sowie bei Verbesserungserfindungen, wenn die Verbesserung nicht derart ist, daß der mit dem verbesserten Gegenstand erzielte Umsatz als Bewertungsgrundlage dienen kann; sie kann ferner bei Erfindungen angewandt werden, die nur innerbetrieblich verwendete Erzeugnisse, Maschinen oder Vorrichtungen betreffen, und bei Erfindungen, die nur innerbetrieblich verwendete Verfahren betreffen, bei denen der Umsatz keine genügende Bewertungsgrundlage darstellt. Die Methode der Ermittlung des Erfindungswertes nach dem erfaßbaren betrieblichen Nutzen hat den Nachteil, daß der Nutzen oft schwer zu ermitteln ist und die Berechnungen des Nutzens schwer überprüfbar sind. In manchen Fällen wird sich allerdings der Nutzen aus einer Verbilligung des Ausgangsmaterials, aus einer Senkung der Lohn-, Energie- oder Instandsetzungskosten oder aus einer Erhöhung der Ausbeute errechnen lassen. Bei der Wahl dieser Methode ist ferner zu berücksichtigen, daß sich für den Arbeitgeber auf Grund der Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten, die ihm nach § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches obliegen können, eine Pflicht zu einer weitergehenden Darlegung betrieblicher Rechnungsvorgänge ergeben kann als bei der Ermittlung des Erfindungswertes nach der Lizenzanalogie. Der Erfindungswert wird nur dann zu schätzen sein, wenn er mit Hilfe der Methoden unter Nummer 3 a und b oder Nummer 4 nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen ermittelt werden kann (z. B. bei Arbeitsschutzmitteln und -vorrichtungen, sofern sie nicht allgemein verwertbar sind). Es kann ferner ratsam sein, eine der Berechnungsmethoden zur Überprüfung des Ergebnisses heranzuziehen, das mit Hilfe der anderen Methoden gefunden ist.1))
Unter dem erfaßbaren betrieblichen Nutzen (vgl. zur Anwendung dieser Methode Nummer 5) ist die durch den Einsatz der Erfindung verursachte Differenz zwischen Kosten und Erträgen zu verstehen. Die Ermittlung dieses Betrages ist durch Kosten- und Ertragsvergleich nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmen. Hierbei sind die Grundsätze für die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen anzuwenden (vgl. die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 und die Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten), so daß also auch kalkulatorische Zinsen und Einzelwagnisse, ein betriebsnotwendiger Gewinn und gegebenenfalls ein kalkulatorischer Unternehmerlohn zu berücksichtigen sind. Der so ermittelte Betrag stellt den Erfindungswert dar.2))
Kosten, die vor der Fertigstellung der Erfindung auf die Erfindung verwandt worden sind, sind bei der Ermittlung des Erfindungswertes nicht abzusetzen. Sie sind vielmehr bei der Ermittlung des Anteilsfaktors im Zweiten Teil der Richtlinien zu berücksichtigen, und zwar, soweit es sich um die Kosten für die Arbeitskraft des Erfinders selbst handelt, entsprechend der Tabelle c in Nummer 34, soweit es sich um sonstige Kosten vor der Fertigstellung der Erfindung handelt, entsprechend der Tabelle b in Nummer 32 (technische Hilfsmittel).3))
Die von den Vergütungsrichtlinien vorgesehene Ermittlung des erfassbaren betrieblichen Nutzens bereitet allerdings typischerweise beträchtliche praktische Schwierigkeiten, die nicht zuletzt darauf beruhen, dass die Richtlinien hierunter die durch den Einsatz der Erfindung verursachte Differenz zwischen Kosten und Erträgen verstehen, die durch einen Kosten- und Ertragsvergleich nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt werden soll (Richtlinie Nr. 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2). Dass dies den Nachteil hat, dass der Nutzen oft schwer zu ermitteln ist und die Berechnungen des Nutzens schwer überprüfbar sind, erwähnt schon Nr. 5 der Vergütungsrichtlinie. Potenziert werden diese Schwierigkeiten dadurch, dass Maßstab des Vergleichs der Stand der Technik (einschließlich seiner naheliegenden Weiterentwicklungen) ist, der nicht notwendi-gerweise mit dem betrieblichen Ist-Zustand vor Einführung der Erfindung übereinstimmen muss und vielfach nicht mit ihm übereinstimmt. Besteht eine solche Differenz, muss mit hypothetischen Werten gerechnet werden, so dass ein realitätsnaher Kosten- und Ertragsvergleich mit angemessenem Aufwand regelmäßig nicht möglich ist.4)
Ein erfasster betrieblicher Produktnutzen kann nicht mit dem wirtschaftlichen Wert der Erfindung gleichgesetzt werden.5)
Zum einen hat die Nutzung einer Erfindung typischerweise nur eine Modifikation des Produkts zur Folge, das abgesehen von den seltenen Fällen, in denen die Erfindung ein völlig neues Produkt hervorgebracht hat, auf dem Markt durch andere, nicht erfindungsgemäße Erzeugnisse substituiert werden kann. Nicht anders als im Schadensersatzrecht bei der Ermittlung eines herauszugebenden Verletzergewinns 6) muss daher bei einer produktbezogenen Gewinnermittlung der Anteil der Erfindung an dem wirtschaftlichen Erfolg des Produkts ermittelt werden. Dies kann regelmäßig nur im Wege der Schätzung erfolgen und hat zur Konsequenz, dass die Ergebnisse nicht exakter sind als bei Anwendung der Lizenzanalogie.7)
Zum anderen hat auch das fertig entwickelte erfindungsgemäße Produkt keinen von den Bedingungen seiner Vermarktung unabhängigen Wert. Welcher Wert sich am Markt realisieren lässt, hängt vielmehr von einer Vielzahl von vom Anbieter teils beeinflussbaren, teils nicht beeinflussbaren Voraussetzungen ab. Daher wird ebenso wie bei Abschluss eines Lizenzvertrages kein Marktteilnehmer bereit sein, die Rechte an einer Erfindung zu erwerben, wenn der sich hieraus ergebende betriebliche Nutzen allein dem Erfinder zufließt. Entsprechend sieht Nr. 12 Absatz 1 der Vergütungsrichtlinien vor, dass bei der Ermittlung des Erfindungswertes nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen neben der durch den Einsatz der Erfindung verursachten Differenz zwischen Kosten und Erträgen auch kalkulatorische Zinsen und Einzelwagnisse, ein betriebsnotwendiger Gewinn und ein kalkulatorischer Unternehmerlohn zu berücksichtigen sind. Die Richtlinie beruht insoweit auf der Annahme, dass ein Unternehmer nur dann bereit sein wird, das in der Verwertung einer Erfindung liegende wirtschaftliche Risiko auf sich zu nehmen, wenn er auch einen angemessenen Anteil am Gewinn erwarten kann. Wie bei der Lizenzanalogie muss deshalb der Preis ermittelt werden, zu dem ein vernünftiger Markteilnehmer unter Berücksichtigung der sich hieraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Chancen und Risiken die Rechte an der Erfindung erworben hätte und zu dem ein vernünftiger Inhaber der Rechte an der Erfindung diese veräußert hätte. Das führt letztlich wieder zu den Grundsätzen der Lizenzanalogie zurück. Der in der Regel nur mit erheblichem Aufwand zu erfassende betriebliche Nutzen kann daher seinerseits lediglich einen gewissen Anhaltspunkt dafür bieten, in welchem Rahmen sich unabhängige Markteilnehmer bei Aushandlung des Preises für die Überlassung der Erfindung vermutlich bewegt hätten.8)
§ 9 (2) ArbnErfG → Bemessung der Vergütung
→ Herausgabe des Verletzergewinns (Privatrecht)
→ Herausgabe des Verletzergewinns (Patentrecht)