====== Vollstreckung eines Verwaltungsaktes ====== Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 AO können die [[Finanzbehörde|Finanzbehörden]] [[Verwaltungsakt|Verwaltungsakte]], mit denen eine Geldleistung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) Vollstreckungsbehörden sind nach § 249 Abs. 1 Satz 3 AO unter anderem die Finanzämter.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) Das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet, ist nach § 284 Abs. 5 AO für die Abnahme der Vermögensauskunft zuständig, die der Vollstreckungsschuldner ihm auf dessen Verlangen zu erteilen hat.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nach § 284 Abs. 8 Satz 1 AO die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist nach § 284 Abs. 8 Satz 2 AO das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 AO (Zahlungsaufforderung unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft) seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Gemäß § 284 Abs. 8 Satz 3 AO sind die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) Für den Antrag auf Anordnung der Haft nach § 284 Abs. 8 Satz 1 AO gelten - über die Verweisung des § 284 Abs. 8 Satz 3 AO hinaus - die §§ 130a, 130d ZPO, die den elektronischen Rechtsverkehr zwischen Behörden und den als Vollstreckungsgerichte tätigen Amtsgerichten (§ 764 Abs. 1 ZPO) regeln.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO bestimmt, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden muss. Zu den sicheren Übermittlungswegen gehört nach § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZPO der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde und der elektronischen Poststelle des Gerichts. Gemäß § 130d Satz 1 ZPO sind Behörden verpflichtet, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.((BGH, Beschl. v. 27. Juli 2023 - I ZB 86/22)) Nimmt eine Behörde die Zwangsvollstreckung aus einem [[verwaltungsverfahrensgesetz:Verwaltungsakt]] (Leistungsbescheid) gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vor, so gelten hierfür die §§ 704 ff. ZPO in entsprechender Anwendung. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfordert die Vorlage der mit einer Vollstreckungsklausel nach § 725 ZPO versehenen vollstreckba-ren Ausfertigung des Leistungsbescheides (§ 724 Abs. 1 ZPO analog).((BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07)) Als Vollstreckungstitel kommt nur der Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) selbst in Betracht. Eine abgekürzte oder auszugsweise Wiedergabe genügt nicht.((BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07; m.V.a. v. Wulffen/Roos aaO § 66 Rdn. 17; Krasney in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Loseblattausgabe Stand 2007, § 66 SGB X Rdn. 24)) Die Durchführung der Zwangsvollstreckung setzt voraus, dass die vollstreckbare Ausfertigung des Leistungsbescheids (§ 724 ZPO analog) mit einer Vollstreckungsklausel nach § 725 ZPO versehen wird. Bei der Ausfertigung muss es sich um eine richtig wiedergegebene Abschrift der Urschrift handeln, die dazu bestimmt ist, die Urschrift im Rechtsverkehr zu vertreten. Die vollstreckbare Ausfertigung ist stets eine Papierurkunde. Eine elektronische Ausfertigung nach § 317 Abs. 5 ZPO ist für die vollstreckbare Ausfertigung ungeeignet, weil § 733 ZPO vorschreibt, dass grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen ist. Eine elektronische Ausfertigung kann dagegen (einschließlich der Signatur) beliebig oft vervielfältigt werden, ohne dass es noch möglich wäre, zwischen Original und Kopie zu unterscheiden.((BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07; m.V.a. Münch-Komm.ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 725 Rdn. 2)). Des Weiteren ist erforderlich, dass die auf der Ausfertigung des Leistungsbescheids vermerkte Vollstreckungsklausel von dem zuständigen Bediensteten unterschrieben worden ist.((BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07)) ===== siehe auch ===== -> [[Verfahrensrecht:Zwangsvollstreckung]]