====== Verhältnis der Verhängung eines Ordnungsmittels zur Verwirkung einer Vertragsstrafe ====== Die [[Privatrecht:Verwirkung der Vertragsstrafe|Verwirkung einer Vertragsstrafe]] und die [[Verhängung eines Ordnungsmittels]] nach § 890 ZPO schließen sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Spezialität aus. Beide Sanktionen regeln unterschiedliche Sachverhalte. Während das Ordnungsgeld im Sinne von § 890 ZPO eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellt, ist die Vertragsstrafe im Sinne von § 339 BGB eine schuldrechtlich vereinbarte Leistung zur Sicherung der Vertragserfüllung und zur Schadenspauschalierung. In der Vollstreckung nach § 890 ZPO kommt es allein auf das Verschulden des Schuldners an, während er im Rahmen des Unterlassungsvertrages gemäß § 278 BGB ohne Entlastungsmöglichkeit auch für seine Erfüllungsgehilfen einzustehen hat((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. Ahrens/Singer, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 32 Rn. 8 mwN; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 202, § 12 Rn. 391)). Beide Sanktionen können deshalb grundsätzlich vom Gläubiger nebeneinander geltend gemacht werden.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. BGH, Urteil vom 5. Februar 1998 III ZR 103/97, BGHZ 138, 67, 70 mwN; Urteil vom 17. September 2009 I ZR 217/07, GRUR 2010, 355 Rn. 32 = WRP 2010, 649 - Testfundstelle; BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 9 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren; OLG Köln, NJW-RR 1987, 360; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 20 Rn. 22; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 8; Brüning in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 243; Saenger/Pukall, ZPO, 5. Aufl., § 890 Rn. 10)) Die Parteien eines Rechtsstreits können allerdings grundsätzlich vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen treffen.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. BGH, Urteil vom 2. April 1991 - VI ZR 241/90, NJW 1991, 2295, 2296; BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 13 - Ver-gleichsschluss im schriftlichen Verfahren)) Da aber die Bestimmung des § 890 ZPO und ein Vertragsstrafeversprechen zwar jeweils den gemeinsamen Zweck verfolgen, den Schuldner von Zuwiderhandlungen abzuhalten((BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 32 - Testfundstelle)), im Übrigen jedoch - wie bereits ausgeführt - unterschiedliche Sachverhalte regeln, können beide Sanktionen nebeneinander durchaus sinnvoll sein und parallel geltend gemacht werden. Es besteht daher regelmäßig kein Anlass anzunehmen, dass die Parteien sich ausschließlich auf die Sanktion der Vertragsstrafe festgelegt haben.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. BGHZ 138, 67, 70; OLG Saar-brücken, NJW 1980, 461; OLG Köln, GRUR 1986, 688 f.; Köhler in Köhler/Born-kamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rn. 2.128; Brüning in Harte/Henning aaO § 12 Rn. 243; aA Fezer/Büscher aaO § 12 Rn. 383)) Dem stehen auch keine berechtigten Schuldnerinteressen entgegen. Eine übermäßige Beanspruchung des Schuldners durch eine doppelte Inanspruchnahme wird dadurch vermieden, dass die jeweils früher verhängte Sanktion bei der Höhe der jeweils späteren zu berücksichtigen ist.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. BGHZ 138, 67, 70 f.; BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 32 - Testfundstelle; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 2.128; Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 22; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 9; Ahrens/Achilles aaO Kap. 10 Rn. 15; Brüning in Harte/Henning aaO § 12 Rn. 243; MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rn. 143; Nieder, WRP 2001, 117, 118)) Außerdem kann der Schuldner der Doppelsanktion von vornherein dadurch entgehen, dass er entweder keine Vertragsstrafe verspricht oder auf einem Verzicht des Gläubigers hinsichtlich einer Vollstreckung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO besteht.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 2.128; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 9; MünchKomm.UWG/Ehricke Vor § 12 Rn. 143; Nieder, WRP 2001, 117, 118)) Fehlt es jedoch an derartigen Gestaltungen und sind auch sonst keine deutlichen Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Parteien ersichtlich, ist ein Prozessvergleich mit Vertragsstrafeversprechen nicht im Sinne einer vollstreckungshindernden Vereinbarung auszulegen.((BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZB 3/12 - Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; m.V.a. BGHZ 138, 67, 71; OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; MünchKomm.ZPO/Gruber, 4. Aufl., § 890 Rn. 31)) Die Funktionen von Ordnungsmittel und Vertragsstrafe überschneiden sich. Ihre Bemessung richtet sich zumindest teilweise nach übereinstimmenden Kriterien.((BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle; m.V.a. BGH GRUR 1994, 146, 147 - Vertragsstrafebemessung)) Beide Sanktionen müssen geeignet sein, den Schuldner von weiteren Zuwiderhandlungen abzuhalten.((BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle)) Bei der Bemessung eines Ordnungsgeldes eine bereits zuvor festgesetzte Vertragsstrafe mindernd zu berücksichtigen.((BGH, Urteil vom 17. September 2009 - Testfundstelle; m.V.a. OLG Düsseldorf GRUR 1970, 71, 72; OLG Köln WRP 1987, 265, 266; Großkomm.UWG/Jestaedt, Vor § 13 Rdn. E 78; Köhler WRP 1993, 666, 675)) ===== siehe auch ===== § 890 ZPO -> [[Ordnungsmittel]] \\ § 339 BGB -> [[Privatrecht:Verwirkung der Vertragsstrafe]]