====== Gegenstand der Unterlassungsklage ====== Der Streitgegenstand eines [[Unterlassungsklage|Unterlassungsverfahrens]] wird nicht nur durch das im Antrag umschriebene Klageziel begrenzt, sondern auch durch die konkrete(n) Verletzungshandlung(en), auf die der Antrag gestützt ist.((Leitsatz - BGH, Urt. v. 23. Februar 2006 - I ZR 272/02)) Entscheidend für die Beurteilung der Frage, welchen Streitgegenstand ein Kläger mit einem Unterlassungsantrag zur Entscheidung gestellt und über welchen [[Streitgegenstand]] das Gericht entschieden hat, ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet((vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten; BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 855 = WRP 2005, 1173 - Karten-Grundsubstanz)). Nach dieser prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand im Zivilprozess, der sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat((vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2000 - VI ZR 279/99, NJW 2001, 157, 158 m.w.N.)), kennzeichnet das Klageziel allein den Streitgegenstand nicht. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Dies gilt auch für Unterlassungsanträge, auch wenn ein Schuldner ein bestimmtes Verhalten naturgemäß nur einmal unterlassen kann. So liegen z.B. bei gleichem Antragswortlaut verschiedene Streitgegenstände vor, wenn der Unterlassungsantrag zunächst auf [[Privatrecht:Erstbegehungsgefahr]], später wegen einer bestimmten Verletzungshandlung auch auf [[Privatrecht:Wiederholungsgefahr]] gestützt wird.((vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1990 - I ZR 99/88, GRUR 1990, 687, 689 = WRP 1991, 16 - Anzeigenpreis II; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 2.23; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 77; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 10 Rdn. 12; vgl. dazu auch Ullmann, WRP 1996, 1007, 1010; a.A. Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 5. Aufl., Kap. 36 Rdn. 90 ff.)) Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags ist die konkrete Verletzungsform. Der Klageantrag enthält zwar eine abstrakte Umschreibung. Anders als Antragsfassungen, die die konkrete Verletzungsform – etwa eingeleitet durch die Wörter „insbesondere wie“ – nur als Beispiel heranziehen (dazu BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 – Kaufpreis je nur 1 DM; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskosten), wird durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige mit dem Vergleichspartikel „wie“ in der Regel deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen.((BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 - Aktivierungskosten II)) ==== Weite Fassung des Antrags ==== Der Klagegrund als der Lebenssachverhalt, auf den der Antrag gestützt ist, bleibt dementsprechend unverändert, wenn der Kläger seinen Antrag (und damit die aus dem Klagegrund hergeleitete Rechtsfolge) ausdrücklich weiter fasst, indem er die angegriffene Verletzungsform im Antrag stärker abstrahierend umschreibt((a.A. Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 553a)). Die Reichweite des Verbotsbegehrens ändert nichts daran, dass der Streitgegenstand und später die Reichweite der Rechtskraft des Unterlassungsurteils auf den Klagegrund bezogen bleibt.((BGH, Urt. v. 23. Februar 2006 - I ZR 272/02)) ===== siehe auch ===== * [[Unterlassungsklage]]