====== Fristenkontrolle ====== -> [[Überwachung einer Rechtsmittelfrist]] \\ Die [[Sorgfaltspflicht in Fristsachen]] verlangt von einem Rechtsanwalt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von [[Rechtsmittelfrist|Rechtsmittelfristen]] zu gewährleisten. Für den Fall, dass die Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft überlassen wird, muss durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt sein, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden [-> [[Fristenkontrolle]]].((BGH, Beschl. v. 10. Februar 2022 - I ZB 46/21; m.w.N.)) Zu einer wirksamen [[Ausgangskontrolle]] gehört eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anweisungsgemäß anhand des [[Fristenkalender|Fristenkalenders]] überprüft wird.((BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05; m.V.a. BGH, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2013 II ZB 23/12, juris Rn. 9)) Diese Fristenkontrolle dient nicht alleine dazu zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.((BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 108/17; m.V.a. BGH, NJW 2015, 253 Rn. 10; NJW-RR 2017, 1532 Rn. 16 mwN)) Eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle der einzelnen Schriftstücke ist im Rahmen der Ausgangskontrolle nicht erforderlich((vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1140 Rn. 14)); eine solche wäre bei per Post versendeten Schriftstücken, insbesondere mit Blick auf das Vorhandensein der erforderlichen Unterschrift, auch nur begrenzt möglich.((BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - I ZB 108/17)) Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört dabei die klare Anweisung, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender eingetragen werden müssen, bevor dies in der Handakte vermerkt wird.((BGH, Beschl. v. 10. Februar 2022 - I ZB 46/21; m.V.a. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 - II ZB 14/17, NJOZ 2018, 828 Rn. 10 mwN; Beschluss vom 23. Juni 2020 - VI ZB 63/19, NJW 2020, 2641 Rn. 10 mwN)) Insbesondere der die Eintragung der Rechtsmittelfrist nur mündlich anweisende Rechtsanwalt muss ausreichende organisatorische Vorkehrung dagegen treffen, dass seine Anweisungen nicht in Vergessenheit geraten und die Eintragung der Frist deshalb unterbleibt. Deshalb gehört zu den eine Gegenkontrolle ermöglichenden Vorkehrungen im Rahmen der anwaltlichen Fristenkontrolle, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Akte durch einen entsprechenden Erledigungsvermerk oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind.((BGH, Beschluss v. 21. Februar 2011 - X ZR 111/10; m.V.a. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, MDR 2010, 533 Rn. 7)) Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung zudem nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.((BGH, Beschluss v. 21. Februar 2011 - X ZR 111/10; m.V.a. BGH, Beschluss vom 12. September 2019 - IX ZB 13/19, NJW 2019, 3234 Rn. 13 mwN)) Der Rechtsanwalt hat ferner selbstständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob ein Fristende richtig ermittelt und eingetragen wurde, wenn ihm die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt wird. Ist die Erledigung der Eintragung im Fristenkalender ordnungsgemäß in der Handakte vermerkt und drängen sich an der Richtigkeit insoweit keine Zweifel auf, braucht der Rechtsanwalt nicht noch zusätzlich zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich im Fristenkalender eingetragen ist.((BGH, Beschluss v. 21. Februar 2011 - X ZR 111/10; m.V.a. BGH, Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16, NJWRR 2018, 58 Rn. 7 und 9 mwN; BGH, NJW 2020, 2641 Rn. 10 mwN)) Dem Rechtsanwalt, dem die Akte zum Zeitpunkt der notierten Vorfrist vorgelegt wird, muss zwar eigenverantwortlich prüfen, ob das Ende der Berufungsbegründungsfrist richtig ermittelt und eingetragen worden ist((BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08, NJW 2009, 3036 Rn. 13 mwN)), er kann aber grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Frist, die im Stammdatenblatt richtig notiert ist, auch entsprechend in den Fristenkalender eingetragen worden ist.((BGH, Beschl. v. 10. Januar 2013 - I ZB 76/11; m.V.a. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - VII ZB 18 u. 19/10, NJW 2012, 614 Rn. 11 mwN)) Hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift seinem angestellten Büropersonal übertragen, ist er verpflichtet, das Arbeitsergebnis vor Absendung über das besondere elektronische Anwaltspostfach sorgfältig auf Vollständigkeit zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob das Rechtsmittelgericht richtig bezeichnet ist.((BGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 - I ZB 42/22)) ===== siehe auch ===== § 233 ZPO -> [[Wiedereinsetzung in den vorigen Stand]] \\ -> [[Frist]]