====== Dringlichkeit der Einstweiligen Verfügung ====== Die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung beurteilt sich regelmäßig nach dem Interesse des Gläubigers an einer vorläufigen Sicherung seiner Rechte. Es muß die objektive Besorgnis bestehen, daß entweder ohne diese die Rechtsverwirklichung zumindest wesentlich erschwert wäre oder die Sicherung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist. ==== Dringlichkeitsvermutung bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche ==== * [[Wettbewerbsrecht:Dringlichkeitsvermutung|Dringlichkeitsvermutung bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche]] (§ 12 (2) UWG) ==== Keine Dringlichkeitsvermutung im Markenrecht ==== Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG gilt nicht bei Verfügungsanträgen, die auf Markenrecht gestützt sind.((OLG München, Urt. v. 24. 8. 2006 - 6U 4455/05)) Die gelegentlich anders lautende Auffassung in der Rechtsprechung lässt sich allenfalls mit dem alten § 16 UWG begründen. Seit die Materie des § 16 UWG ihren Sitz im Markengesetz gefunden hat, ohne dass der Gesct/gchcr die Dringlichkeitsvermutung aus dem UWG in das .\larkon(i übernommen hat, gelten für einstweilige Verfügungen, die gen für einstweilige Verfügungen nach §§ 935, 917 ZPO.((OLG München, Urt. v. 24. 8. 2006 - 6U 4455/05)) Bei Markenverletzungen kann sich aber die Dringlichkeit aus der Lage des Falls ergeben, wenn die behauptete Verletzungshandlung zu einer fortdauernden Schädigung des Markeninhabers führen kann.((OLG München, Urt. v. 24. 8. 2006 - 6U 4455/05)) == Keine Dringlichkeitsvermutung im Patentrecht == [[Einstweilige Verfügung in Patentstreitigkeiten]]: Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG findet keine Anwendung ==== Widerlegung der Dringlichkeit ==== * **Untätigkeit bzw. Zuwarten**: durch Untätigkeit bzw. Zuwarten, d.h. das Verstreichenlassen der [[Dringlichkeitsfrist]] führt nach h.M. zu einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung. * **Zögerliche Prozessführung**: Eine zögerliche Prozessführung zeigt grundsätzlich, dass es dem Antragsteller mit der Untersagung des Werbeverhaltens nicht eilig ist.((OLG Hamm, Urt. v. 30.06.2009 - 4 U 74/09; m.V.a. Senatsentscheidungen GRUR 1992, 864; NJWE Wettbewerbsrecht 1996, 164; Urteil vom 16. Oktober 2007 –4 U 118 / 07; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdn. 87; Ahrens / Schmukle, Der Wettbewerbsprozeß, 6. Auflage, Kap. 45, Rdn. 47)) * durch Prozessverhalten, wenn z.B. die Berufungsbegründungsfrist voll ausgeschöpft wird. Daher sollte die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne Not voll ausgeschöpft werden. Falls nicht anders machbar kann vorher eine andere Berufungsbegründung eingereicht werden. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Antragstel1er vor Erlass der einstweiligen Verfügung ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt.((OLG Hamm, Urt. v. 31. 8. 2006-4U 124/06)) * Rücknahme des Verfügungsantrags. Stattdessen kann man den Verfügungsantrag bei einem anderen Gericht neu stellen.((OLG Frankfurt GRUR RR 2002/44)) * Terminverlegungsantrag auf späteren Zeitpunkt wegen Unabkömmlichkeit, z.B. bei Terminkollision mit der vom Gericht anberaumten mündlichen Verhandlung stellt die Dringlichkeit des Verfügungsantrags in Frage. Der Falle kann man entgehen, wenn man einen Antrag auf Vorverlegung der Verhandlung stellt, auch wenn sie im Endeffekt doch nach hinten verlegt wird. Es gilt der generelle Grundsatz: Keine Termine verlängern und keine Fristen hinauszögern. * Verfügungsantrag beim OLG Hamm stellen. Das OLG Hamm gesteht keinerlei Dringlichkeit zu, da die Gerichte in der Hauptsache schnell genug seien. Dies gilt dort auch für Produktpiraterieverfahren.((OLG Hamm K+R 2000/90)) * Zuwarten bei Zustellen der einstweiligen Verfügung.((Beispiel: OLG Düsseldorf WRP 99/865)) Empfehlung, wenn die eV Zusammensetzung heiß wird (kein Patentrezept): * gleich einen Vergleich mitschicken, * den Aufbrauch gestatten, d.h. für Verletzungshandlungen bis zum (kurze Frist) und dann den Beginn der Vergleichsverhandlungen festsetzen. Problematisch ist hierbei, dass das Gericht den Aufbrauch evtl. nicht anerkennt. Grundsatz: Eine einstweilige Verfügung nie liegen lassen, sondern sofort zustellen, am besten durch einen Gerichtsvollzieher. Die Fristen beginnen bei einem Verfügungsurteil (bei mündlicher Verhandlung) mit der Urteilsverkündung (erkennbar an der Floskel: 'Im Namen des Volkes'). Problematisch ist dies bei verspäteter Zustellung des Urteils, sodass die Frist für die Zustellung an den Verfügungsschuldner (tickt ab Urteilsverkündung) bereits abgelaufen ist! Die Dringlichkeit wird nicht widerlegt, wenn nach der Zustellung der eV an den Verfügungsschuldner nichts weiter unternommen wird.((GRUR 92, 182 'Blumenverkauf nach Ladenschluss')) ==== Akzessorität der Dringlichkeit ==== Nach der Rechtsprechung ist die [[Dringlichkeit]] bei einer eV gegen Abnehmer nur gegeben, wenn gleichzeitig / vorher auch der Hersteller verwarnt wird. ==== Dringlichkeit nach italienischem Torpedo ==== Nach einzelner Rechtsprechung kann bereits die Tatsache, dass ein "[[italienisches Torpedo]]" abgeschossen worden ist oder werden soll, die [[Dringlichkeit]] einer eV begründen. Nachweise?? ===== siehe auch ===== * [[Verfahrensrecht:Einstweilige Verfügung]]