====== Darlegungslast ====== -> [[Sekundäre Darlegungslast]] \\ -> [[Gestufte Darlegungslast]] \\ -> [[Beispielfälle zur Behauptungslast]] \\ -> [[Beweislast]] \\ Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO [-> [[Zugestandene Tatsachen]]] hat sich eine Partei grundsätzlich über die von dem Gegner behaupteten [[Tatsachen]] zu erklären. Sie darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit einem bloßen [[Bestreiten]] begnügen, sondern muss erläutern, von welchem [[Sachverhalt]] sie ausgeht. Der Umfang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei. Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 15/22 - KERRYGOLD)) Grundsätzlich liegt die Darlegungslast [-> [[Darlegen]]] bei der [[Partei]], die auch die [[Beweislast]] trägt. In bestimmten Konstellationen trifft den Gegner jedoch eine [[sekundäre Darlegungslast]].((BGH, Urteil vom 9. September 2021 - X ZR 94/20)) Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Kläger vorgetragen hat.((st. Rspr., vgl. nur BGH, Hinweis-Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 186/20; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 26 mwN)) In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten.((st. Rspr., vgl. nur BGH, Hinweis-Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 186/20; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 26 mwN)) Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist.((st. Rspr., vgl. nur BGH, Hinweis-Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 186/20; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 26 mwN)) Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Die sekundäre Darlegungslast führt jedoch weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.((BGH, Hinweis-Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 186/20; BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 27 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie [[Tatsachen]] vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das [[Parteivorbringen]] diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden.((s. nur BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13 - Stabilisierung der Wasserqualität; m.V.a. BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 16)) Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des Tatsachenvortrags der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Wenn das Parteivorbringen diesen Anforderungen genügt, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Vielmehr muss der Tatrichter dann in die Beweisaufnahme eintreten, um dort gegebenenfalls weitere Einzelheiten zu ermitteln.((st. Rspr.; vgl. nur BGH I ZR 168/15 vom 7. April 2016; m.V.a. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 212/13, TranspR 2015, 433 Rn. 39 mwN)) Es gilt die „Rosenbergsche Formel“, wonach eine Partei die ihr günstigen Tatsachen behaupten muss. Folglich muss der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen. Diese ergeben sich aus Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes. Der Kläger trägt also die Vortragslast. Nach den Regeln der gestuften Darlegungslast, die daran anknüpft, dass sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären hat (§ 138 Abs. 2 ZPO), hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen.((BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - I ZR 201/20 - ÖKO-TEST III; m.V.a. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 36 mwN; Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 123/20, GRUR 2021, 1422 Rn. 22 = WRP 2021, 1441 - Vorstandsabteilung)) Liegt ein substantiierter Vortrag der darlegungspflichtigen Partei vor, kann sich die nicht darlegungsbelastete Partei nicht auf ein substanzloses Bestreiten.((BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - I ZR 201/20 - ÖKO-TEST III)) An die Substantiierungslast des Darlegungspflichtigen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; er ist nicht verpflichtet, den streitigen Sachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen, sondern genügt seiner Darlegungslast bereits durch Wiedergabe der Umstände, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben.((BGH, Urteil v. 14. Mai 2009 - I ZR 99/06; m.V.a. BGH, Urt. v. 23.4.1991 - X ZR 77/89, GRUR 1992, 559, 560)) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind.((BGH, Urteil vom 18. April 2013 - I ZR 66/12; m.V.a. BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848; Urteil vom 2. Februar 2012 I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 33 = WRP 2012, 1222 Tribenuronmethyl, mwN)) Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden; es ist dann Sache des Tatgerichts, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen.((st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Oktober 2018 - III ZR 213/17, WM 2018, 2175 [juris Rn. 26] mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. März 2021 - I ZR 37/20, GRUR 2021, 971 [juris Rn. 32] = WRP 2021, 904 - myboshi; Beschluss vom 21. April 2022 - I ZR 129/21, juris Rn. 14, jeweils mwN)) Der Beklagte hat die Behauptungs- und [[Beweislast]] für anspruchshindernde und -vernichtende [[Einwendungen und Einreden|Einwendungen]], sowie für rechtshemmende [[Einwendungen und Einreden|Einreden]]. Der Grundsatz der vollen Darlegungslast des Klägers bedarf insbesondere dann einer Einschränkung, wenn der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Beklagten die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist.((BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 I ZR 230/12 - Umweltengel für Tragetasche)) Eine Obliegenheit der Partei, auf Behauptungen des Prozessgegners substantiiert, d.h. mit näheren positiven Angaben zu erwidern, soll ihr Bestreiten beachtlich sein, kann in Betracht kommen, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen((BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - X ZR 87/06, RRa 2007, 215, Juris-Rn. 46)). Dabei kann ihn die Obliegenheit treffen, Nachforschungen zu unternehmen und Informationen von Personen einzuholen, die unter seiner Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind, wenn und soweit ihm dies zumutbar ist.((BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158, Juris-Rn. 11; Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 256/14, NJW-RR 2016, 1251 Juris-Rn. 20; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 JurisRn. 36 f.)) Dem Grundsatz, dass der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, liegt nicht etwa der Gedanke zugrunde, ein Kläger sei zur Förderung der Wahrheitsermittlung und zur Prozessbeschleunigung verpflichtet, den bestreitenden Gegner in die Lage zu versetzen, sich möglichst eingehend auf die Klagebehauptungen einzulassen. Der Grundsatz besagt vielmehr nur, dass dann, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechtes zulässt, er der Ergänzung bedarf.((BGH, Beschl. v. 26. Januar 2023 - I ZR 106/22; m.V.a. BGH, NJW 1984, 2888 [juris Rn. 13]; BGH, Urteil vom 28. April 1992 - X ZR 129/90, NJW 1992, 2427 [juris Rn. 17]; ähnlich BGH, Beschluss vom 25. September 2018 - VI ZR 234/17, NJW 2019, 607 [juris Rn. 10])) Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung [-> [[Sachverhalt]]] der Partei ist für den Umfang der Darlegungslast ohne Bedeutung.((BGH, Beschl. v. 26. Januar 2023 - I ZR 106/22; m.V.a. vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 188/09, GRUR 2012, 534 [juris Rn. 38] = WRP 2012, 1271 - Landgut Borsig; Beschluss vom 7. Juni 2018 - III ZR 210/17, WM 2018, 1252 [juris Rn. 4])) Eine auf Plausibilitätsgesichtspunkten und damit einer unvollständigen Tatsachengrundlage getroffene Feststellung stellt eine unzulässige Vorwegnahme der [[Beweiswürdigung]] dar.((BGH, Beschl. v. 26. Januar 2023 - I ZR 106/22; m.V.a. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2017 - I ZR 205/16, juris Rn. 10)) ===== siehe auch ===== -> [[Parteivortrag]] \\ -> [[Sachvortrag]] \\