====== Schutz der Lichtbilder ====== **§ 72 (1) UrhG** Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für [[Lichtbildwerke]] geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt. § 72 (2) UrhG -> [[Recht des Lichtbildners]] \\ § 72 (3) UrhG -> [[Dauer des Lichtbildschutzes]] \\ § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG -> [[Lichtbildwerk]] \\ § 51 Satz 3 UrhG -> [[Bildzitat]] \\ -> [[Fotografierverbot]] Der Schaffung des [[Lichtbildschutz|Lichtbildschutzes]] lag das Bestreben des Gesetzgebers zugrunde, mit Blick auf das für den Werkbegriff [§ 2 (1) Nr. 5 UrhG -> [[Lichtbildwerk]]] geltende Erfordernis einer persönlichen geistigen Schöpfung "unüberwindliche Abgrenzungsschwierigkeiten" bei der urheberrechtlichen Einordnung von Lichtbildern zu vermeiden.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Regierungsentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, BT-Drucks. IV/270, S. 89; dazu Schack, Urheber und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 724; Erdmann, Festschrift Bornkamm, 2014, S. 761, 762, Rn. 720)) Der Schutz des § 72 UrhG bezieht sich auf Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden. Danach kommt rein technisch jedes Verfahren in Betracht, bei dem ein Bild unter Benutzung strahlender Energie erzeugt wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos)) Der technische Reproduktionsvorgang allein begründet aber noch keinen Lichtbildschutz. Vielmehr ist ein Mindestmaß an - zwar nicht schöpferischer, aber doch - persönlicher geistiger Leistung erforderlich, das schon bei einfachen Fotografien regelmäßig erreicht ist, allerdings im Falle von Lichtbildern fehlt, die sich lediglich als bloße Vervielfältigung anderer Lichtbilder darstellen, bei denen also ein Original-Lichtbild so getreu wie möglich lediglich reproduziert (kopiert) wird. Der Lichtbildschutz erfordert, dass das Lichtbild als solches originär, das heißt als Urbild, geschaffen worden ist.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. November 1989 - I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 [juris Rn. 86 f.] - Bibel-Reproduktion; Urteil vom 3. November 1999 - I ZR 55/97, GRUR 2000, 317 = WRP 2000, 203 [juris Rn. 16] - Werbefotos; Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 757 f. = WRP 2001, 804 [juris Rn. 29] - Telefonkarte; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 72 UrhG Rn. 30; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 72 Rn. 10; Schack, Urheber und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 720; W. Nordemann, GRUR 1987, 15, 17)) Die Aufnahme einer Fotografie von einem (auch zweidimensionalen) Werk erfordert Entscheidungen des Fotografen über eine Reihe von gestalterischen Umständen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 72 Rn. 30; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 72 Rn. 10; Schack, Kunst und Recht: Bildende Kunst, Architektur, Design und Fotografie im deutschen und internationalen Recht, 3. Aufl. Rn. 873; Bullinger, Festschrift Raue, 2006, S. 379, 382; Erdmann, Festschrift Bornkamm, 2014, S. 761, 766; Katzenberger, GRUR Int. 1989, 116, 117)) Auch wenn der Fotograf diese Entscheidungen an handwerklich-technischen Fragestellungen ausrichtet und das Ziel einer möglichst originalgetreuen Abbildung verfolgt, spricht dies nicht gegen das Vorliegen einer persönlichen geistigen Leistung. Auch die handwerkliche Leistung ohne künstlerische Aussage kann in den Schutzbereich des § 72 UrhG fallen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Schack, Festschrift Pfennig, 2012, S. 207, 208)) Gegenstand des Lichtbildschutzes ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade auch die "rein technische Leistung" des Lichtbildners, "die nicht einmal besondere Fähigkeiten voraussetzt".((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. den Regierungsentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, BT-Drucks. IV/270, S. 88; Talke, ZUM 2010, 846, 849; ferner BGH, Urteil vom 4. November 1966 - Ib ZR 77/65, GRUR 1967, 315, 316 [juris Rn. 25] = WRP 1967, 212 - scai-cubana)) Damit erreicht die Fertigung einer Fotografie eines Gemäldes regelmäßig das für den Schutz nach § 72 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung. Dies entspricht auch der im Zusammenhang mit der Neufassung des § 51 Satz 3 UrhG geäußerten Sichtweise des Gesetzgebers.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft [Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz - UrhWissG], BT-Drucks. 18/12329, S. 32)) Im Ausgangspunkt hindert der Lichtbildschutz nach § 72 UrhG die Allgemeinheit nicht an der geistigen Auseinandersetzung mit einem gemeinfreien Werk, weil er lediglich der Vervielfältigung des konkret betroffenen Lichtbilds entgegensteht.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. BGH, GRUR 1967, 315, 316 [juris Rn. 25] - scai-cubana; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 72 UrhG Rn. 37; BeckOK UrhR/Lauber-Rönsberg, 21. Edition, § 72 UrhG Rn. 16b; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl.,§ 72 Rn. 10; Maaßen, Festschrift Pfennig 2012, S. 135, 146)) Zudem lässt nunmehr das durch das Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die Erfordernisse der Wissensgesellschaft((BGBl. 2017 I, S. 3346)) mit Wirkung vom 1. März 2018 eingeführte [[Zitatrecht]] nach § 51 Satz 3 UrhG [-> [[Zitate]]] die Nutzung einer Abbildung des zitierten Werkes zum Zwecke des Zitats nach § 51 Satz 1 und 2 UrhG zu, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Schack, Urheber und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl.,Rn. 550; ders., Festschrift Pfennig, 2012, S. 207, 212 ff.)) Im Falle des Urheberrechts an einem [[Lichtbildwerk]] und dem [[Schutzrecht des Lichtbildners]] besteht die Besonderheit, dass jedes [[Lichtbildwerk]] im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG stets die Tatbestandsmerkmale des [[Lichtbild|Lichtbilds]] im Sinne von § 72 UrhG erfüllt [-> [[Schutz der Lichtbilder]]].((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos)) Andererseits ist das fotografische Werk gemäß § 64 UrhG [-> [[Fotografisches Werk]]] für die Dauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers, das Lichtbild nach § 72 Abs. 3 UrhG nur 50 Jahre nach seinem Erscheinen geschützt.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos)) Zudem kommt mit Blick auf das Fehlen einer persönlichen geistigen Schöpfung ein gegenüber dem fotografischen Werk lediglich abgestufter Schutz des Lichtbilds in Betracht, auch wenn § 72 Abs. 1 UrhG für den Lichtbildschutz die analoge Anwendung der für Werke geltenden Vorschriften anordnet.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 72 UrhG Rn. 41; Wandtke/Bullinger/Thum, Urheberrecht, 4. Aufl., § 72 UrhG Rn. 22; Schack, Urheber und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 724; Erdmann, Festschrift Bornkamm, 2014, S. 761, 762)) Einordnung als [[Lichtbildwerk]] oder Lichtbild lediglich sind als unterschiedliche rechtliche Aspekte eines Streitgegenstands zu beurteilen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. BGH, Urteil vom 3. November 1999 - I ZR 55/97, GRUR 2000, 317, 318 [juris Rn. 12] = WRP 2000, 203 - Werbefotos; OLG Köln, GRUR 2015, 167, 169; BeckOK UrhR/Lauber-Rönsberg, 21. Edition, § 72 UrhG Rn. 3b; Zigann/Werner in Cepl/Voß, Praxiskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl., § 253 ZPO Rn. 102; aA Wandtke/Bullinger/Thum, Urheberrecht, 4. Aufl., § 72 UrhG Rn. 64)) Die einzelnen Bilder eines Films sind unabhängig vom Schutz des Films als Filmwerk oder Laufbildfolge, wenn nicht als Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, so doch jedenfalls als Lichtbilder nach § 72 UrhG geschützt. Der Lichtbildschutz einzelner Filmbilder aus § 72 UrhG erstreckt sich nicht nur auf die Verwertung der Bilder in Form von Fotos, sondern auch auf die Verwertung der Bilder in Form des Films.((BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12 - Peter Fechter)) Das folgt zum einen daraus, dass jede urheberrechtliche Nutzung der Bildfolge zwangsläufig eine urheberrechtliche Nutzung der einzelnen Bilder umfasst. Es kommt daher nicht darauf an, dass die Bilder bei einer Ausstrahlung des Films nicht als einzelne Bilder sinnlich wahrnehmbar sein mögen. Es ergibt sich zum anderen daraus, dass der Filmhersteller zur filmischen Verwertung der bei Herstellung eines Filmwerks entstehenden Lichtbilder und Lichtbildwerke die Rechte des Lichtbildners benötigt((§ 89 Abs. 4 UrhG, § 91 UrhG aF; zum Begriff der „filmischen Verwertung“ vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 128/07, GRUR 2010, 620 Rn. 15 bis 18 = WRP 2010, 933 - Film-Einzelbilder)). Dieser Rechte bedürfte er nicht, wenn der Lichtbildschutz nicht das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films umfasste.((BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12 - Peter Fechter; m.V.a. Schulze, GRUR 1994, 855, 860 mwN)) ===== siehe auch ===== § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG -> [[Lichtbildwerke]] \\