====== Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung (§ 77 UrhG) ======
**§ 77 (1) UrhG**
Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen.
**§ 77 (2) UrhG**
Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten. § 27 ist entsprechend anzuwenden.
Das ausschließliche Recht des ausübenden Künstlers nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 UrhG, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu verbreiten, umfasst das Recht, diesen Bild- oder Tonträger der Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten und gegenüber der Öffentlichkeit gezielt für den Erwerb dieses Bild- oder
Tonträgers zu werben.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - Al Di Meola))
Da es sich bei dem Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers um nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten
im Bereich des geistigen Eigentums harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmung des § 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2006/115/EG das Verbreitungsrecht
vollständig harmonisiert((vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2006/115/EG)) und die Mitgliedstaaten das dadurch begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - Al Di Meola; zum Verbreitungsrecht des Urhebers nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03, GRUR 2009, 840 Rn. 19 f. = WRP 2009, 1127 - Le-Corbusier-Möbel II, mwN))
Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/115/EG sehen die Mitgliedstaaten für ausübende Künstler das ausschließliche Recht vor, die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen sowie Kopien davon der Öffentlichkeit im Wege
der Veräußerung oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen (Verbreitungsrecht). Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG enthält eine entsprechende Regelung des Verbreitungsrechts der Urheber. Danach sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dahin ausgelegt, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf
Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten kann, wenn nicht erwiesen ist, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen ist, sofern die
Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt ist, zu dessen Erwerb anregt.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - Al Di Meola; m.V.a. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 - C-516/13, GRUR 2015, 665 Rn. 35 = WRP 2015, 849 - Dimensione und Labianca/Knoll)) Entsprechendes gilt für Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/115/EG.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - Al Di Meola))
===== siehe auch =====