====== Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts für Patentklagen ====== Artikel 32 (1) des [[Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht]] legt fest, dass das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit für bestimmte Klagen im Zusammenhang mit Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten besitzt. **Artikel 32 (1)** Das Gericht besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für a) Klagen wegen tatsächlicher oder drohender Verletzung von Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten und zugehörige Klageerwiderungen, einschließlich Widerklagen in Bezug auf Lizenzen, b) Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung von Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten, c) Klagen auf Erlass von einstweiligen Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen und einstweiligen Verfügungen, d) Klagen auf Nichtigerklärung von Patenten und Nichtigerklärung der ergänzenden Schutzzertifikate, e) Widerklagen auf Nichtigerklärung von Patenten und Nichtigerklärung der ergänzenden Schutzzertifikate, f) Klagen auf Schadenersatz oder auf Entschädigung aufgrund des vorläufigen Schutzes, den eine veröffentlichte Anmeldung eines europäischen Patents gewährt, g) Klagen im Zusammenhang mit der Benutzung einer Erfindung vor der Erteilung eines Patents oder mit einem Vorbenutzungsrecht, h) Klagen auf Zahlung einer Lizenzvergütung aufgrund von Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 und i) Klagen gegen Entscheidungen, die das Europäische Patentamt in Ausübung der in Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 genannten Aufgaben getroffen hat. Das EPG ist ein gemeinsames Gericht im Sinne von Art. 71a (1) [-> [[Verfahrensrecht:Gemeinsame Gerichte als Gerichte eines Mitgliedstaats]]] und Art. 71a (2) (a) [-> [[Verfahrensrecht:Liste der gemeinsamen Gerichte]]] der Brüssel Ia-Verordnung. Daher hat das EPG die Gerichtsbarkeit, wenn die Gerichte eines Vertragsmitgliedstaats gemäß der Brüssel Ia-Verordnung in einer Klage im Sinne von Art. 32(1) EPGÜ [-> [[Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts für Patentklagen]]], Art. 71b (1) [-> [[Verfahrensrecht:Zuständigkeit nach Mitgliedstaaten]]] der Brüssel Ia-Verordnung, zuständig wären.((EPG, Lokalkammer Hamburg, Beschl. v. 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_525/2024; m.V.a. Berufungsgericht, Beschluss vom 03. September 2024, CoA_188/2024)) Nach Art. 32 Abs. 1 EPGÜ [-> [[Zuständigkeit des Gerichts]]] soll das EPGÜ in Bezug auf die Patente im Sinne des Art. 2 Buchstabe g EPGÜ [-> [[Patent]]] – europäische Patente und [[europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung|europäische Patente mit einheitlicher Wirkung]] – die ausschließliche Zuständigkeit für einen umfangreichen Katalog von Streitigkeiten übertragen erhalten. Dieser umfasst insbesondere Klagen wegen Patentverletzung, Streitigkeiten über den Bestand von Patenten und Klagen gegen Entscheidungen des Europäischen Patentamts in Ausübung der Aufgaben gemäß Art. 9 Verordnung (EU) Nr. 1257/2012. Das EPG hat die Zuständigkeit für Klagen wegen Verletzungen von Patenten, Art. 32 Abs. 1, lit. (a) EPGÜ [-> [[Zuständigkeit des Gerichts]]]. „Patent“ in diesem Sinne ist ein [[EP:Europäisches Patent]] oder ein [[Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung]], Art. 2 lit. (g) EPGÜ [-> [[Patent]]].((EPG, Mailänder Zentralkammer, Beschl. v. 2. Dezember 2024 – UPC_CFI_476/2024)) Durch Art. 82 Abs. 1 Satz 1 EPGÜ [-> [[Vollstreckung der Entscheidungen und Anordnungen]]] werden die Entscheidungen und Anordnungen des Einheitlichen Patentgerichts darüber hinaus zu vollstreckbaren Titeln bestimmt. Außerdem sehen unter anderem Art. 40 Abs. 2 und Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 EPGÜ Rechtsetzungsbefugnisse des Verwaltungsausschusses mit Blick auf Änderungen der Satzung und den Erlass und die Änderung der Verfahrensordnung vor.((BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17)) Artikel 32(1) EPGÜ gibt dem EPG die ausschließliche Zuständigkeit für Nichtigkeitsklagen gegen europäische Patente, sofern kein [[Opt-out]] gemäß Artikel 83 (3) EPGÜ erklärt wurde.((EPG, Entscheidung vom 17. Oktober 2024, 252/2023)) Das Einheitliche Patentgericht hat die Zuständigkeit für Verletzungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens über ein Einheitliches Patentgericht am 1. Juni 2023 begangen wurden. Dies steht im Einklang mit Artikel 3(c) und 32(1)(a) UPCA, sofern keine entgegenstehenden intertemporalen Bestimmungen vorliegen.((Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitspatentgerichts, Lokale Kammer München, UPC_CFI_15/2023, verkündet am 15. November 2024)) Diese Schlussfolgerung wird weiter dadurch gestützt, dass die gleichzeitige Zuständigkeit des UPC und der Gerichte der Mitgliedstaaten für europäische Patente nach der Übergangsphase endet. Anschließend wird das UPC die ausschließliche Zuständigkeit für alle europäischen Patente haben. Die Gerichte der Mitgliedstaaten werden in dieser Angelegenheit keine Zuständigkeit mehr haben.((Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitspatentgerichts, Lokale Kammer München, UPC_CFI_15/2023, verkündet am 15. November 2024)) Ein Patent wird nur dann nach dem [[EP:Europäisches Patentübereinkommen|EPÜ]] erteilt, wenn die Entscheidung zur Erteilung des Patents im [[EP:Europäisches Patentblatt|Europäischen Patentblatt]] bekannt gemacht wird, Art. 97 Abs. 3 EPÜ [-> [[EP:Wirksamkeit der Entscheidung über die Erteilung]]]. (Nur) ab diesem Datum verleiht ein europäisches Patent dem Patentinhaber ausschließliche Rechte, Art. 64 Abs. 1 des EPÜ [-> [[EP:Rechte des Patentinhabers]]].((EPG, Mailänder Zentralkammer, Beschl. v. 2. Dezember 2024 – UPC_CFI_476/2024)) Nach Art. 7 Abs. 2 der Brüssel I-neu-Verordnung [-> [[Verfahrensrecht:Unerlaubte Handlungen und schädigende Ereignisse]]] hätten die Gerichte eines Vertragsmitgliedstaats die Zuständigkeit in einer Verletzungsklage im Sinne von Art. 32(1)(a) EPGÜ gegen eine Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat, wenn das schädigende Ereignis in diesem Vertragsmitgliedstaat eingetreten ist oder eintreten könnte. Art. 7 Abs. 2 Brüssel I-neu-Verordnung umfasst 'Sachen, die eine unerlaubte Handlung, eine Handlung oder eine dieser gleichgestellte Handlung betreffen'. Eine angebliche Patentverletzung stellt eine unerlaubte Handlung, Delikt oder quasi-delikt dar. Somit hat das EPG auch für Ansprüche aufgrund persönlicher (Direktoren-)Haftung in Bezug auf eine angebliche Verletzung eines europäischen Patents nach Artikel 32 EPGÜ basierend auf Deliktsrecht oder vergleichbaren Regelungen innerhalb der EPGÜ Rechtsprechung.((EPG, Lokalkammer Hamburg, Beschl. v. 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_525/2024)) Der Court of Appeals entschied, dass im Lichte der Rechtsprechung Art. 7(2) in Verbindung mit Art. 71b (1) der Brüssel I-neu-Verordnung so zu interpretieren ist, dass das EPG internationale Zuständigkeit in Bezug auf eine Verletzungsklage hat, wenn das europäische Patent, auf das sich der Kläger beruft, in mindestens einem Vertragsmitgliedstaat Wirkung hat und der angebliche Schaden in diesem spezifischen Vertragsmitgliedstaat eintreten könnte. Wenn der Schaden über das Internet verursacht wird, kann die Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadens aus der Möglichkeit entstehen, Produkte zu beziehen und/oder Dienstleistungen von einer Internetseite in Anspruch zu nehmen, die im Hoheitsgebiet des Vertragsmitgliedstaats zugänglich ist, in dem das europäische Patent Wirkung hat.((EPG, Lokalkammer Hamburg, Beschl. v. 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_525/2024)) ===== siehe auch ===== Artikel 32 -> [[Zuständigkeit des Gerichts]] \\ Regelt die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts für bestimmte Klagen im Zusammenhang mit Patenten und ergänzenden Schutzzertifikaten.