====== Recht auf Auskunft ====== **Art. 8 (1) Durchsetzungsrichtlinie** Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, von dem Verletzer und/oder jeder anderen Person erteilt werden, die a) nachweislich rechtsverletzende Ware in gewerblichem Ausmaß in ihrem Besitz hatte, b) nachweislich rechtsverletzende Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß in Anspruch nahm, c) nachweislich für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß erbrachte, oder d) nach den Angaben einer in Buchstabe a, b oder c genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren bzw. an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war. **Art. 8 (2) Durchsetzungsrichtlinie** Die Auskünfte nach Absatz 1 erstrecken sich, soweit angebracht, auf a) die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren; b) Angaben über die Mengen der hergestellten, erzeugten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren und über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen gezahlt wurden. **Art. 8 (3) Durchsetzungsrichtlinie** Die Absätze 1 und 2 gelten unbeschadet anderer gesetzlicher Bestimmungen, die a) dem Rechtsinhaber weiter gehende Auskunftsrechte einräumen, b) die Verwendung der gemäß diesem Artikel erteilten Auskünfte in straf- oder zivilrechtlichen Verfahren regeln, c) die Haftung wegen Missbrauchs des Auskunftsrechts regeln, d) die Verweigerung von Auskünften zulassen, mit denen die in Absatz 1 genannte Person gezwungen würde, ihre Beteiligung oder die Beteiligung enger Verwandter an einer Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zuzugeben, oder e) den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen oder die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln. ==== Art. 8 Abs. 3 Buchst. e ==== Die in Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/48/EG vorgesehene Auskunftspflicht, deren Umsetzung § 19 Abs. 2 und 3 MarkenG dient, wird durch Art. 8 Abs. 3 Buchst. d und e der Richtlinie eingeschränkt. Danach ist die Auskunftspflicht nur unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften vorgesehen, die die Verweigerung von Auskünften zulassen, mit denen die in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie genannte Person gezwungen würde, ihre Beteiligung oder die Beteiligung enger Verwandter an einer Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zuzugeben (Art. 8 Abs. 3 Buchst. d), oder die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen oder die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln (Art. 8 Abs. 3 Buchst. e). Nach Erwägungsgrund 10 der Richtlinie sollen die Rechtsvorschriften zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten. Das nationale Recht ist deshalb im Einklang mit der Richtlinie auszulegen. Eine Einschränkung des in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG vorgesehenen Auskunftsanspruchs durch ein im nationalen Recht vorgesehenes Zeugnisverweigerungsrecht muss daher in Übereinstimmung mit dem Uni-onsrecht stehen.((BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 - Davidoff Hot Water)) Das könnte der Fall sein, wenn die in Rede stehende nationale Bestimmung (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) die Vertraulichkeit von Informationsquellen im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG regelt. Zu den Informationsquellen der Bank könnte auch deren Kontoinhaber zu zählen sein, der bei der Eröffnung des Kontos seinen Namen und seine Anschrift angeben muss. Die Vorschrift des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, die auch das Bankgeheimnis schützt, könnte aber auch zu den gesetzlichen Bestimmungen im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG gehören, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln. Nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Da-ten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 vom 23. November 1995, S. 31) sind personenbezogene Daten alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person. Nach Art. 2 Buchst. b dieser Richtlinie zählt zur Verarbeitung personenbezogener Daten auch deren Weitergabe durch Übermittlung. Danach könnte die Vorschrift des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu den gesetzlichen Bestimmungen im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG zu zählen sein und ein Bankinstitut zur Verweigerung einer Auskunft im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie berechtigen.((BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 - Davidoff Hot Water)) Gegen dieses Ergebnis könnte allerdings sprechen, dass die Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Binnenmarkts sind (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2004/48/EG) und eine Einschränkung des Auskunftsanspruchs ein gezieltes Vorgehen zum Schutz des geistigen Eigentums auf Unionsebene, dem die Richtlinie 2004/48/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 dient, verhindert. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union müssen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG darauf achten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Unionsordnung geschützten Grundrechten sicherzustellen; dieses Gleichgewicht haben auch die Gerichte und Behörden bei der Auslegung der Richtlinienbestimmungen zu beachten.((BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 - Davidoff Hot Water; m.V.a. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; Beschluss vom 19. Februar 2009 - C-557/07, Slg. 2009, I-1227 = GRUR 2009, 579 Rn. 29 - LSG-Gesellschaft; Urteil vom 19. April 2012 - C-461/10, GRUR 2012, 703 Rn. 56 - Bonnier Audio)) Zu den Vorschriften im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen oder die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand haben, könnte auch das Bankgeheimnis zu zählen sein. Zwar ist das Bankgeheimnis in Deutschland nicht unmittelbar in einer gesetzlichen Vorschrift verankert, son-dern wird im deutschen Recht aus der allgemeinen Pflicht der Bank hergeleitet, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beein-trächtigen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, NJW 2007, 2106 Rn. 17). Der Schutz des Bankgeheimnisses ergibt sich aber mittelbar aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, der ein Zeugnisverweigerungsrecht für die dem Bank-geheimnis unterfallenden Tatsachen begründet (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1953 - I ZR 156/52, BB 1953, 993; OLG Köln, MDR 1968, 931; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 383 Rn. 14; Münch-Komm./Damrau, ZPO, 4. Aufl., § 383 Rn. 39; Musielak/Huber, ZPO, 10. Aufl., § 383 Rn. 6; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 3. Aufl., § 383 Rn. 74; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 383 Rn. 20; Stephan, WM 2009, 241, 243). Hierzu rechnen grundsätzlich Tatsachen, die einem Kreditinstitut aufgrund oder aus Anlass der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 35; BGH, NJW 2007, 2106 Rn. 17). Zu diesen der Bank anvertrauten Tatsachen, die un-ter das Bankgeheimnis fallen und Mitarbeiter einer Bank zur Zeugnisverweige-rung nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigen, gehören regelmäßig auch Na-me und Anschrift des Kontoinhabers. Die Beklagte könnte daher die Auskunft nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG in Verbindung mit § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO verweigern, wenn die Vorschrift des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG dahin auszulegen ist, dass mit ihr eine nationale Bestimmung in Einklang steht, die einem Bankinstitut gestattet, die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Umständen zu verweigern, wie sie im Aus-gangsverfahren vorliegen.((BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 - Davidoff Hot Water)) ==== Vorlagefrage des BGH ==== Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 195 vom 2. Juni 2004, S. 16) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG dahin auszulegen, dass diese Vorschrift einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Bankinstitut in einem Fall wie dem Ausgangsverfahren gestattet, eine Auskunft nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie über Namen und Anschrift eines Konto-inhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern? Richtlinie 2004/48/EG vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 195 vom 2. Juni 2004, S. 16) Art. 8 Abs. 3 Buchst. e; MarkenG § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 6 Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 195 vom 2. Juni 2004, S. 16) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG dahin auszulegen, dass diese Vorschrift einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Bankinstitut in einem Fall wie dem Ausgangsverfahren gestattet, eine Auskunft nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie über Namen und Anschrift eines Konto-inhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern?((BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 - Davidoff Hot Water)) ===== siehe auch =====