====== Umfang des Auskunftsanspruchs ====== Ein aus § 242 BGB abgeleiteter unselbständiger Anspruch auf Auskunftserteilung zur Berechnung des Schadensersatzes kann nur in dem Umfang bestehen, in dem eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt werden kann. Eine solcher Auskunftsanspruch kann demnach allenfalls insoweit in Betracht kommen, als festgestellt wurde, dass wegen einer konkret festgestellten Verletzungshandlungen eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht. Anders als bei dem selbständigen Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, der lediglich den Nachweis einer objektiv rechtswidrigen Verletzungshandlung erfordert, scheidet eine Ausweitung des unselbständigen Anspruchs aus § 242 BGB über die konkret festgestellten Verletzungshandlungen hinaus auf eine verallgemeinernde Verletzungsform aus. Denn der aus § 242 BGB abgeleitete Auskunftserteilungsanspruch setzt als Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzbegehrens voraus, dass auch die durch die verallgemeinernde Fassung des Auskunftsbegehrens umschriebenen, aber als solche noch nicht konkret festgestellten Verletzungshandlungen nicht anders als schuldhaft begangen sein können.((BGH, Urteil v. 23. Februar 2006 - I ZR 27/03)) Soweit allein ein Schadensersatz nach den Grundsätzen der [[Lizenzanalogie]] in Betracht kommen sollte, kann zwar Auskunft über den Umfang der unter dem verletzenden Kennzeichen erzielten Umsätze verlangt werden. Angaben über die Betriebskosten und deren Aufschlüsselung sind dann aber nicht erforderlich.((BGH, Urt. v. 13. September 2007 - I ZR 33/05 - THE HOME STORE; m.V.a. vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1995 - I ZR 16/93, GRUR 1995, 349, 352 = WRP 1995, 393 - Objektive Schadensberechnung; Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 114/84, GRUR 1995, 50, 54 - Indorektal/Indohexal). Dasselbe gilt für die Auskunft über Werbemittel.((BGH, Urt. v. 13. September 2007 - I ZR 33/05 - THE HOME STORE)) Der Anspruch aus § 19 MarkenG - ebenso wie der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch - ist seinem Inhalt nach auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, d.h. über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen, die ihr im Kern gleichartig sind, beschränkt.((vgl. BGHZ 148, 26, 35 - Entfernung der Herstellungsnummer II; BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 140/99, GRUR 2002, 709, 711 f. = WRP 2002, 947 - Entfernung der Herstellungsnummer III; zum wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 910 = WRP 2000, 1258 - Filialleiterfehler)) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz - soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist - über die konkrete Verletzungshandlung hinaus im Umfange solcher Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt.((BGH, Urteil v. 23. Februar 2006 - I ZR 27/03; zum markenrechtlichen Unterlassungsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2003 - I ZR 44/01, GRUR 2004, 154, 156 = WRP 2004, 232 - Farbmarkenverletzung II; Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 272/02 - Markenparfümverkäufe, Urteilsumdruck S. 16 f. und S. 20 zum Schadensersatzanspruch; zum markenrechtlichen Auskunftsanspruch vgl. BGH GRUR 2002, 709, 711 f. - Entfernung der Herstellungsnummer III; zum wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1996 - I ZR 50/94, GRUR 1996, 502, 507 = WRP 1996, 721 - Energiekosten-Preisvergleich I; BGH GRUR 2000, 907, 911 - Filialleiterfehler)). Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht dagegen nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle. Dies liefe darauf hinaus, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen.((BGHZ 148, 26, 35 - Entfernung der Herstellungsnummer II)) Aufgrund der Verletzung einer bestimmten Marke kann nicht zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs Auskunft darüber verlangt werden kann, ob auch bestimmte andere Marken verletzt worden sind. Dies hat seinen Grund darin, dass der Nachweis bestimmter Verletzungshandlungen nicht genügt, um einen Anspruch auf Auskunft über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen zu begründen. Denn dies liefe darauf hinaus, einen rechtlich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür und Tor zu öffnen((vgl. BGHZ 148, 26, 35 - Entfernung der Herstellungsnummer II)). Für einen [[Unterlassungsanspruch]] gelten diese Erwägungen nicht.((BGH, Urt. v. 23. Februar 2006 - I ZR 272/02)) Mit der Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG wird nur eine Wissenserklärung verlangt. Diese beschränkt sich allerdings nicht auf das präsente Wissen des Auskunftsverpflichteten, sondern ihm sind gewisse Nachforschungspflichten auferlegt.((BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 18/01, GRUR 2003, 433, 434 = WRP 2003, 653 - Cartier-Ring)) Der auf Auskunft in Anspruch genommene Verletzer ist grundsätzlich verpflichtet, in zumutbarem Umfang alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Information auszuschöpfen.((vgl. BGHZ 128, 220, 227 - Kleiderbügel, zu § 140b Abs. 1 und Abs. 2 PatG)). Er hat daher seine Geschäftsunterlagen durchzusehen, alle ihm sonst zugänglichen Informationen aus seinem Unternehmensbereich zur Erteilung einer vollständigen Auskunft heranzuziehen und muss sich, wenn dies nicht ausreicht, gegebenenfalls durch Nachfrage bei seinen Lieferanten um Aufklärung bemühen. Weitergehende Nachforschungspflichten, insbesondere zu Ermittlungen bei Dritten, bestehen dagegen nicht((vgl. BGH GRUR 2003, 433, 434 - Cartier-Ring)).((BGH, Urteil v. 23. Februar 2006 - I ZR 27/03)) Die Beklagten genügen ihrer Auskunftspflicht nach § 19 MarkenG schon dann, wenn sie sich in dem vorgenannten Umfang um Aufklärung bemühen. Die ihnen danach zumutbaren Nachforschungen können auch zu einer negativen Erklärung des Inhalts führen, weitere Lieferanten oder Abnehmer nicht erschöpfter Waren nicht zu kennen.((vgl. BGHZ 125, 322, 326 - Cartier-Armreif; 148, 26, 36 - Entfernung der Herstellungsnummer II)) Eine darüber hinausgehende Auskunftspflicht der Beklagten, die zur Folge hätte, dass die von ihr verlangte Erklärung auch Angaben zu Bezugsquellen und Lieferungen enthielte, bei denen Markenverletzungen nicht vorliegen, wäre zudem mit Art. 28, 30 EG nicht zu vereinbaren, weil der Klägerin damit eine künstliche Abschottung der nationalen Märkte ermöglicht würde. Das ist nicht Zweck der markenrechtlichen Schutzbestimmungen.((vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - Rs. C-349/95, Slg. 1997, I-6227 Tz. 23 = GRUR Int. 1998, 145 - Loendersloot; Urt. v. 8.4.2003 - Rs. C-244/00, Slg. 2003, I-3051 Tz. 38 ff. = GRUR 2003, 512, 514 - stüssy)) ===== siehe auch ===== * [[Auskunftsanspruch]]