====== Auskunftsanspruch ====== Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht nach [[Treu und Glauben]] (§ 242 BGB) [-> [[Unselbständiger Auskunftsanspruch]]] eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Informationen nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie ohne unbillig belastet zu sein zu geben vermag.((BGH, Entscheidung vom 08.10.2024 - X ZR 145/23; m.V.a. BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 - III ZR 65/17, NJW 2018, 2629 Rn. 23)) Dieser akzessorische Anspruch ist seinem Umfang nach auf die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs erforderlichen Informationen begrenzt. Dabei ist anerkannt, dass die Rechnungslegung, ihrem Zweck entsprechend, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sämtliche Angaben umfassen muss, die der Verletzte braucht, um sich für eine der ihm offenstehenden Möglichkeiten zur Schadensberechnung zu entscheiden, die Schadenshöhe oder den Umfang der Bereicherung konkret zu ermitteln und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung nachzuprüfen.((BGH, Entscheidung vom 08.10.2024 - X ZR 145/23; m.V.a. BGH, Urteil vom 14. November 2023 - X ZR 30/21, BGHZ 239, 21 = GRUR 2024, 273 Rn. 74 - Polsterumarbeitungsmaschine)) Die ältere Rechtsprechung hat zum Teil den Standpunkt eingenommen, ein solcher akzessorischer Anspruch unterliege keiner eigenen Verjährung(((BGH, Urteil vom 18. Februar 1972 - I ZR 82/70, GRUR 1972, 558 (560) - Teerspritzmaschine; BGH, Urteil vom 28. April 1992 - X ZR 85/89, WM 1992, 1437, juris Rn. 30))). Durch die neuere Rechtsprechung ist hingegen geklärt, dass ein auf § 242 BGB gestützter akzessorischer Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung grundsätzlich selbständig und unabhängig vom Hauptanspruch verjährt (BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755 Rn. 8; Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 145/11, GRUR 2012, 1248 Rn. 22 - Fluch der Karibik). Maßgeblich ist grundsätzlich die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.((BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 - X ZR 145/23 - Aufschlussgerät; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 145/11, GRUR 2012, 1248 Rn. 22 - Fluch der Karibik)) Ein auf § 242 BGB gestützter akzessorischer Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung verjährt nicht vor dem Hauptanspruch, dessen Durchsetzung er dient.((BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 - X ZR 145/23- Aufschlussgerät; Bestätigung von BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755 Rn. 8 ff.; Urteil vom 3. September 2020 - III ZR 136/18, NJW 2021, 765 Rn. 55)) Bei zusammengesetzten Vorrichtungen, von denen nur ein Teil patentiert ist, erstreckt sich der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zur Durchsetzung des Anspruchs auf Schadensersatz grundsätzlich auch auf die mit der Gesamtvorrichtung erzielten Umsätze und Gewinne.((BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 - X ZR 145/23 - Aufschlussgerät; Weiterführung von BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 - X ZR 54/93, GRUR 1995, 578, 579 - Steuereinrichtung II)) Dies gilt auch dann, wenn der Hauptanspruch rechtskräftig festgestellt ist und deshalb gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB einer Verjährungsfrist von dreißig Jahren unterliegt. Bei [[Patentrecht:Patentverletzung|Patentverletzungen]] ist der Auskunftspflichtige grundsätzlich auch zur Rechnungslegung im Sinne von § 259 BGB verpflichtet.((BGH, Entscheidung vom 08.10.2024 - X ZR 145/23; m.V.a. BGH, Urteil vom 26. März 2019 - X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 = GRUR 2019, 496 Rn. 12 - Spannungsversorgungsvorrichtung)) -> [[Bewertung des Abwehrinteresses des zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung Verurteilten]] \\ -> [[Zumutbarkeit der Auskunftserteilung]] \\ -> [[Umfang des Auskunftsanspruchs]] \\ -> [[Ausforschung weiterer Verletzungshandlungen]] \\ -> [[Anspruch auf Drittauskunft]] \\ -> [[Selbständiger Auskunftsanspruch|Selbständiger Auskunftsanspruch nach den Sondergesetzten]] \\ -> [[dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est]] \\ -> [[Verfahrensrecht:Antrag auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung]] (Verfahrensrecht) \\ -> [[Verfahrensrecht:Beschwerde gegen eine Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung]] (Verfahrensrecht) \\ -> [[Verfahrensrecht:Wert des Beschwerdegegenstands im Falle der Berufung durch die zur Auskunftserteilung verurteilte Person]] (Verfahrensrecht) \\ Nach dem allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB kann ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach Treu und Glauben grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis bestehen, in dem die Berechtigten in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang ihres Rechts im Ungewissen und die Verpflichteten unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage sind((vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 291/98, BGHZ 148, 26 Rn. 29 - Entfernung der Herstellungsnummer II; Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16, BGHZ 217, 350 Rn. 55)). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht die Inanspruchgenommenen, sondern Dritte Schuldner des Hauptanspruchs sind, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll. Allerdings begründet allein die Tatsache noch keine Auskunftspflicht, dass jemand über Sachverhalte informiert ist oder sein könnte, die für andere von Bedeutung sind. Voraussetzung ist vielmehr, dass zwischen den Berechtigten und den Verpflichteten eine besondere rechtliche Beziehung besteht, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis, beispielsweise aus unerlaubter Handlung, genügt.((BGH, Urteil vom 10. Dezember 2020 - I ZR 153/17 - YouTube-Drittauskunft II; m.V.a BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755 Rn. 13 mwN)) Der Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung der [[Bezifferung des Schadens]] und teilt das rechtliche Schicksal des [[Schadensersatzanspruch|Schadensersatzanspruchs]].((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen; m.V.a. BGH, GRUR 2015, 1223 Rn. 50 - Posterlounge)) Der Auskunftsanspruch ermöglicht das Aufdecken der Quellen und Vertriebswege schutzrechtsverletzender Erzeugnisse. Der Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung der Geltendmachung eines [[Schadensersatzanspruch|Schadensersatzanspruchs]]. Für ihn gelten daher die Voraussetzungen, die für einen Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gelten würden. Für diesen ist jedoch der Nachweis der Begehung zumindest einer rechtswidrigen und schuldhaften Verletzungshandlung erforderlich, nur auf dieser Grundlage reicht dann für die Bejahung eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts aus.((OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.01.2008 - I-20 U 18/07; m.V.a. BGH, GRUR 1996, 109, 116)) Neben dem [[unselbständiger Auskunftsanspruch|unselbständigen Auskunftsanspruch des § 242 BGB]] bietet das Sonderprivatrecht (Patentrecht, Markenrecht, etc.) verschiedene Grundlagen für einen [[Selbständiger Auskunftsanspruch|selbständigen Auskunftsanspruch]]. ===== siehe auch ===== -> [[Rechnungslegungsanspruch]] \\ -> [[Besichtigungsanspruch]] \\ -> [[Unterlassungsanspruch]]\\ -> [[Beseitigungsanspruch]]\\ -> [[Schadensersatzanspruch]]\\