====== Schutzbereich ======= **§ 14 S. 1 PatG** Der Schutzbereich des [[Patent|Patents]] und der [[Patentanmeldung]] wird durch den Inhalt der [[Patentansprüche]] bestimmt. [[Gegenstand des Patents]] ist nach § 14 PatG diejenige technische Lehre, die der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann [-> [[Einfluß des allgemeinen Fachwissens auf die Auslegung der Patentansprüche]]] den [[Patentansprüche|Patentansprüchen]] unter Heranziehung der [[Patentbeschreibung]] (und -[[zeichnungen]]) und des darin mitgeteilten oder sonst zu seinem [[allgemeines Fachwissen|allgemeinen Fachwissen]] gehörenden Standes der Technik am Amnelde- oder Prioritätsstag ohne besondere Überlegungen entnimmt [§ 14 S. 2 PatG -> [[Auslegung der Patentansprüche]]].((BGH GRUR 1978, S. 235 - "Stromwandler")) Die [[Prüfung der Patentfähigkeit]] erfordert regelmäßig eine [[Auslegung der Patentansprüche|Auslegung des Patentanspruchs]] (§ 14 S. 2 PatG), bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind.((vgl. BGH GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum I)) Dies gilt auch für das [[Einspruchsverfahren|Einspruchs-]] und [[Einspruchsbeschwerdeverfahren]].((BPatG, Beschl. v. 23. Mai 2022 - 9 W (pat) 28/18)) § 14 S. 2 PatG -> [[Auslegung der Patentansprüche]] § 21 (2) PatG ->[[Beschränkung des Patents im Einspruchsverfahren]] \\ § 22 (1) PatG -> [[Erweiterung des Schutzbereichs]] \\ § 22 (2) PatG -> [[Widerruf und Beschränkung des Patents im Nichtigkeitsverfahren]] -> [[Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln]] \\ -> [[Wortsinn des Patentanspruchs]] \\ -> [[Streitgegenstand des Patentverletzungsverfahrens]] \\ Maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs eines (deutschen) Patents ist nach § 14 PatG der Inhalt der Patentansprüche.((BGH GRUR 2007, 309 (310) – Schussfädentransport; BGH GRUR 2004, 1923 (1024) – Bodenseitige Vereinzelung; BGH GRUR 1986, 803 – Formstein)) Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat.((BGH GRUR 1992, 594 (596) – Mechanische Betätigungsvorrichtung; BGH GRUR 1989, 903 (904) – Batteriekastenschnur; BGHZ 106, 84 (94) – Schwermetalloxidationskatalysator)) Der Anmelder wird nicht immer den vollen technischen Gehalt einer Erfindung erkennen und ausschöpfen. Beschränkt sich ein technisches Schutzrecht bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwelt gleichwohl darauf vertrauen, dass der Schutz entsprechend beschränkt ist. Dem Schutzrechtsinhaber ist es dann verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen.((BGH, Urt. v. 31. Mai 2007 - X ZR 172/04 - Zerfallszeitmessgerät; m.V.a. BGHZ 150, 149, 159 - Schneidmesser I)) Macht die [[Verletzungsform|angegriffene Ausführungsform]] von dem durch [[Auslegung der Patentansprüche|Auslegung]] ermittelten [[Sinngehalt eines Patentanspruchs]] Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung [[Benutzung der Erfindung|benutzt]]].((BGH in ständiger Rechtsprechung, zuletzt etwa GRUR 2002, 519, 521 Schneidmesser II; siehe auch LG München I - 21 O 3473/07 - Lenkdrachenkite)) -> [[Benutzung der Erfindung]], [[Patentverletzung]] Nach § 14 Satz 2 PatG 1981 ist der Inhalt der Patentansprüche durch Auslegung [-> [[Auslegung der Patentansprüche]]] zu ermitteln. Bei der [[Auslegung der Patentansprüche]] sind die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen. Nach § 14 PatG erstreckt sich der Schutzbereich regelmäßig auf [[Äquivalente Benutzung|Äquivalente]] der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung.((BGH 29.04.1986 X ZR 28/85 "Formstein")) Ist das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren infolge eingeschränkter Verteidigung unter Abweisung der weitergehenden Klage teilweise für nichtig erklärt worden, ist die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebende Fassung der Patentansprüche auch im Verletzungsprozess Grundlage der Auslegung des Patents.((BGH, Urt. v. 17. April 2007 - X ZR 72/05 - Ziehmaschinenzugeinheit; Bestätigung von BGH, Urt. v. 31.1.1961 - I ZR 66/59, GRUR 1961, 335)) Bei der Prüfung des Schutzbereichs des Patents sind keine anderen Maßstäbe angelegt, als bei der Beurteilung der [[Patentfähigkeit]]. Unterstellt, bei einer [[Verletzungsform|angegriffenen Ausführungsform]] würde es sich um Stand der Technik handeln und es wäre die [[Patentfähigkeit]] des Klagepatents zu prüfen, so stünde die angegriffene Ausführungsform ebenso der [[Neuheit]] des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Klagepatents entgegen. Hier wie da ist der Gegenstand des Patentanspruchs zu ermitteln, indem der [[Patentanspruch]] unter Heranziehung von [[Beschreibung]] und [[Zeichnungen]] aus der Sicht des von der Erfindung angesprochenen [[Fachmann|Fachmanns]] [[Auslegung der Patentansprüche|ausgelegt wird]]. Für die Prüfung der [[Patentfähigkeit]] im [[EInspruchsverfahren|Einspruchs-]] oder [[Einspruchsbeschwerdeverfahren]] gilt dies ebenso wie für das [[Nichtigkeitsverfahren]] und den [[Verletzungsprozess]].((OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. November 2008, Az. 2 U 98/07; m.V.a. BGH, GRUR 2007, 859, 860 – Informationsübermittlungsverfahren I, m. w. Nachw.)) Auf Grund der bestehenden Sonderbeziehung für das Verhältnis zwischen Patentinhaber und Einsprechendem, können sich zwischen diesen Partei (inter partes), nicht aber für die Bestimmung des Schutzbereichs des Patents an sich, aus dem Prinzip des [[Privatrecht:Treu und Glauben]] gewisse Einschränkungen ergeben.((vgl. BGH, Urt. v. 12. März 2002 - X ZR 43/01 - Kunststoffrohrteil; m.V.a. BGH, Urt. v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886 - Weichvorrichtung I; v. 5.6.1997 - X ZR 73/95, Mitt. 1997, 364, ber. 408 = NJW 1997, 3377 - Weichvorrichtung II)) Der den [[EP:Schutzbereich|Schutzbereich eines europäischen Patents]] (bzw. dessen deutschen Teils) ist durch Artikel 69 EPÜ bestimmt, der gleichlautend zu § 14 PatG ist. ===== siehe auch ===== PatG, 1. Abschnitt -> [[Patentgesetz#Erster Abschnitt: Das Patent|Das Patent]] \\ Definiert die Anforderungen für die Patentierbarkeit von Erfindungen, legt Einschränkungen fest, regelt die Rechte der Erfinder und Patentanmelder, und beschreibt die Verwaltung von Patenten, einschließlich ihrer Laufzeit, Übertragung, und Bedingungen unter denen Patente widerrufen oder für nichtig erklärt werden können.