====== Nebenintervention im Nichtigkeitsverfahren ====== § 66 (1) ZPO -> [[Verfahrensrecht:Nebenintervention]] (Verfahrensrecht) -> [[Rechtliches Interesse des Nebenintervenienten]] Die von dem Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents abgemahnte Nebenintervenientin kann dem Rechtsstreit wirksam zur Unterstützung der Klägerin beitreten. Sie ist damit als [[Verfahrensrecht:Streitgenossenschaft|streitgenössische Nebenintervenienten i. S. v. § 69 ZPO]] anzusehen.((BPatG, Beschl. v. 20. März 2013 - 4 Ni 25/09 - Kostentragung bei streitgenössischer Nebenintervention; m.V.a. BGH Urt. v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II; BPatG Urt. v. 29.10.2008, 1 Ni 32/07 = GRUR 2010, 218 - Nebenintervention; vgl. auch zur Rechtskraftwirkung Keukenschrijver/Busse, PatG 7. Aufl., 2013, § 81 Rdn. 133; kritisch zur Gleichsetzung der allgemeinen Gestaltungswirkung mit der Rechtskraft BPatG GRUR 2010, 50 - Cetirizin; ebenso bereits Pietzcker, Anmerkung zu BGH Beschl. v. 22.12.1964, Ia ZR 237/63 = GRUR 1965, 297 - Nebenintervention)) Beklagtem und Kläger kann im Wege der [[Verfahrensrecht:Nebenintervention]] (§ 66 ZPO) zur Unterstützung beitreten, wer ein [[Rechtliches Interesse des Nebenintervenienten|rechtliches Interesse]] am Obsiegen des Klägers hat. Die Nebenintervention (§ 99 Abs. 1 PatG, §§ 66, 69 ZPO) kann in jedem Stadium des Verfahrens erklärt werden (§ 66 Abs. 2 ZPO). Ein Beitritt ist auch noch in der Berufungsinstanz möglich. Der [[Verfahrensrecht:Streithelfer]] auf Seiten des Klägers im [[Patentnichtigkeitsverfahren]] ist als [[Verfahrensrecht:Streitgenossenschaft|streitgenössischer Nebenintervenient]] anzusehen ((BGH Urt. v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II)). Als solchem obliegt ihm nicht das Verfügungsrecht über den Streitgegenstand. Er ist nicht zur Antragstellung über das Klagebegehren hinaus berechtigt.((BPatG, Entsch. v. 29. Oktober 2008 , 1 Ni 32/07 - Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren)) Dem streitgenössischen Nebenintervenienten obliegt nicht das Verfügungsrecht über den Streitgegenstand. Er ist weder zur Antragstellung über das Klagebegehren hinaus berechtigt (BPatG GRUR 2010, 218) noch kann er die Klage durch Einbringung eines neuen Nichtigkeitsgrundes ändern. Dies folgt aus seiner Stellung als Streithelfer, der gerade nicht Partei ist, sondern auch als streitgenössischer Streithelfer nur als Streitgenosse „gilt“. Er kann damit beispielsweise Rechtsmittel einlegen, die auch bei Widerspruch der Partei wirksam sind, er kann aber nicht den Streitgegenstand des Rechtsstreits ändern.((BPatG Urteil v. 19. Juni 2015 - 4 Ni 4/14 (EP); m.V.a. BPatG GRUR 2010, 218 – Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren); vgl. auch Keukenschrijver/Busse PatG, 7. Aufl. § 81 Rn. 135 und Rn. 136)) Eine Klageänderung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht nach § 263 ZPO, hier die Geltendmachung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes im Rahmen angegriffener Patentansprüche, kann nicht ausschließlich von einer der Klägerin beigetretenen streitgenössischen Nebenintervenienten geltend gemacht werden und ist unzulässig, da diese zur Verfügung über den Streitgegenstand nicht berechtigt ist.((Fortführung von BPatG BlPMZ 2014, 323 – Abdeckung; GRUR 2010, 218 – Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren; GRUR 2010, 50 – Cetirizin)) Im Patentnichtigkeitsverfahren ist eine Nebenintervention auf Seiten des Klägers in der Berufungsinstanz nicht deshalb unzulässig, weil der Nebenintervenient das Patent mit einer weiteren Nichtigkeitsklage angreift, über die das Patentgericht noch nicht entschieden hat.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II)) In der genannten Konstellation stellt die eigene Nichtigkeitsklage für den Nebenintervenienten im Vergleich zu einem Beitritt im Berufungsverfahren keine effizientere Rechtsschutzmöglichkeit dar.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II; m.V.a. BGHZ 166, 18 Rn. 10 - Carvedilol I)) Bei üblichem Verlauf ist im Berufungsverfahren mit einer früheren Entscheidung über die Wirksamkeit des Patents zu rechnen.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II)) Gesichtspunkte der Prozessökonomie stehen einem Beitritt ebenfalls nicht entgegen. Nebeninterventionen können zu einer schnelleren Entscheidung auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsermittlung führen.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II; m.V.a. BGHZ 166, 18 Rn. 10 - Carvedilol I)) Das Urteil entfaltet gegenüber einem Streithelfer des Klägers auch im Falle einer Klageabweisung Rechtskraftwirkung.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II; m.V.a. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 Rn. 44 - Sammelhefter)) Die zusätzliche Nebenintervention der schon eine eigene Nichtigkeitsklage führenden Partei kann für den Patentinhaber im Falle des Unterliegens zwar zu erheblichen Mehrkosten führen. Ein entsprechendes Risiko besteht jedoch auch für den Streithelfer. Denn er hat im Falle des Unterliegens nicht nur die Kosten seiner Klage, sondern gemäß § 101 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO einen Teil der Kosten des anderen Rechtsstreits zu tragen.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 Rn. 85 - Escitalopram)) Diesem höheren Kostenrisiko für beide Seiten steht die Aussicht einer schnelleren Klärung der Rechtslage gegenüber, die sich ebenfalls für beide Seiten als vorteilhaft erweisen kann. Angesichts dessen ist es im Regelfall nicht als Rechtsmissbrauch anzusehen, wenn ein Beteiligter in der in Rede stehenden Ausgangslage von der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit der Nebenintervention Gebrauch macht.((BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II)) ===== siehe auch ===== § 66 (1) ZPO -> [[Verfahrensrecht:Nebenintervention]] (Verfahrensrecht)