====== Erklärung der Lizenzwilligkeit durch den Patentnutzer bei SEP-Streitigkeiten ====== Die Erklärung der Lizenzwilligkeit durch den Patentnutzer ist ein zentraler Aspekt bei Streitigkeiten um standardessenzielle Patente (SEPs). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verlangt, dass der Patentnutzer klar und unmissverständlich signalisiert, dass er bereit ist, eine Lizenz zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden (FRAND) Bedingungen abzuschließen. Eine bloße Verhandlungsbereitschaft genügt nicht.((vgl. Huawei v. ZTE, EuGH, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 63; Einheitspatentgericht, Lokalkammer Mannheim, Urteil vom 22. November 2024, Az. UPC_CFI_210/2023, m.w.N.)) Das Einheitspatentgericht und der Bundesgerichtshof (BGH) betonen, dass die Lizenzwilligkeit als ernsthafte und zielgerichtete Absicht zu verstehen ist, einen Vertrag unter den genannten Bedingungen abzuschließen. Die Europäische Kommission unterstreicht, dass diese Erklärung formal und unabhängig vom späteren Verhalten des Nutzers bewertet werden sollte, um die Verhandlungen zu initiieren. Gleichzeitig wird jedoch hervorgehoben, dass eine solche Erklärung allein nicht ausreicht, um die Ernsthaftigkeit des Nutzers zu bewerten. Stattdessen ist eine Gesamtschau des Verhaltens erforderlich, die auch das Angebot des SEP-Inhabers und das Gegenangebot des Patentnutzers einbezieht.((vgl. Huawei v. ZTE, EuGH, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 63; BGH, GRUR 2020, 961, Rn. 83; Einheitspatentgericht, Lokalkammer Mannheim, Urteil vom 22. November 2024, Az. UPC_CFI_210/2023, m.w.N.)) Der EuGH sieht den SEP-Inhaber in der Pflicht, ein plausibles FRAND-Angebot vorzulegen, das die Gleichbehandlung und Transparenz gewährleistet. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der besseren Kenntnis des SEP-Inhabers über seine Lizenzierungspraxis. Der Patentnutzer muss seinerseits aktiv an den Verhandlungen teilnehmen, umfassende Informationen über die Nutzung der patentierten Technologie bereitstellen und auf Angebote des SEP-Inhabers reagieren.((vgl. Huawei v. ZTE, EuGH, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 64; Einheitspatentgericht, Lokalkammer Mannheim, Urteil vom 22. November 2024, Az. UPC_CFI_210/2023, m.w.N.)) Eine reine Rückkehr zur „Orange-Book“-Rechtsprechung, bei der der Patentnutzer ein bedingungsloses Angebot machen musste, lehnt der EuGH ab. Stattdessen muss das Verhandlungsprogramm den individuellen Umständen angepasst werden. Der Fokus liegt darauf, dass beide Parteien nach Treu und Glauben auf den Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrags hinarbeiten und sich geschäftsüblich verhalten.((vgl. Huawei v. ZTE, EuGH, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 63 ff.; Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet, ECLI:EU:C:2014:2391, Rn. 50 ff.; BGH, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard; Einheitspatentgericht, Lokalkammer Mannheim, Urteil vom 22. November 2024, Az. UPC_CFI_210/2023, m.w.N.)) Die Rechtsprechung verlangt eine sorgfältige Prüfung der Angebote beider Parteien, wobei weder das Verhalten des Patentnutzers noch das des SEP-Inhabers isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr sollen die Verhandlungen darauf abzielen, möglichst zeitnah eine einvernehmliche Lösung zu finden, die den FRAND-Kriterien entspricht.((vgl. Huawei v. ZTE, EuGH, ECLI:EU:C:2015:477, Rn. 63 ff.; Einheitspatentgericht, Lokalkammer Mannheim, Urteil vom 22. November 2024, Az. UPC_CFI_210/2023, m.w.N.; BGH, GRUR 2021, 585, Rn. 71 – FRAND-Einwand II; OLG Karlsruhe, GRUR 2022, 1145, Rn. 152 ff. – Steuerkanalsignalisierung II)) ===== siehe auch ===== -> [[Pflichten von SEP-Inhabern und Patentnutzern im Rahmen der Verhandlungen]] \\ Stellen ein Gleichgewicht zwischen den exklusiven Rechten des SEP-Inhabers und dem fairen Zugang zu standardessentiellen Technologien für den Patentnutzer zu gewährleisten.