====== Aliud ====== § 21 (1) Nr. 4 PatG -> [[Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung]] \\ -> [[Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung]] \\ -> [[Disclaimer]] \\ Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt es zur [[Nichtigerklärung]] eines Patents, wenn der patentierte und der ursprünglich offenbarte Gegenstand in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander stehen (exklusives [[Aliud]]), oder wenn die Veränderung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht wenigstens in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist.(((BGH, Urt. vom 19. Juli 2016 - X ZR 36/14; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 - Integrationselement; Beschluss vom 21. Oktober 2010, Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 Rn. 22 - Winkelmesseinrichtung)) Der Widerruf [§ 21 (1) Nr. 4 PatG -> [[Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung]]] oder die [[Nichtigerklärung]] des Patents ist unumgänglich, wenn die Hinzufügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbarten Merkmals dazu führt, dass der Patentanspruch des erteilten Patents eine andere Erfindung zum Gegenstand hat als die ursprüngliche Anmeldung, wenn das Patent also etwas schützt, das gegenüber dem der Fachwelt durch die ursprünglichen Unterlagen Offenbarten [-> [[Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung]]] ein "Aliud" darstellt.((BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12 - Wundbehandlungsvorrichtung; m.V.a. BGH, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm; BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 21 - Winkelmesseinrichtung; BGH, GRUR 2011, 1003 Rn. 27 - Integrationselement; BGH, GRUR 2013, 1135 Rn. 16 - Tintenstrahldrucker)) Es stell sich bei [[Disclaimer|Disclaimern]] die Frage, ob die vorliegende Erweiterung des Inhalts der Anmeldung sich als unzulässig erweist, weil der Gegenstand der Lehre sich gegenüber dem Inhalt der Anmeldung als Beschränkung darstellt oder ob sich die Einfügung des ursprünglich nicht offenbarten Merkmals derart auf den Inhalt der geschützten Lehre auswirkt, dass diese eine andere Erfindung als diejenige der ursprünglichen Anmeldung, damit ein aliud zum Gegenstand hat, und deshalb auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr als Beschränkung angesehen werden kann.((BPatG, Entsch. v. 8. April 2014, 4 Ni 34/12 (EP); m.V.a. BGH Urt. v. 21.6.2011, X ZR 43/09 = GRUR 2011, 1003 – Integrationselement; Urt. v. 6.08.2013, X ZB 2/12 = GRUR 2013, 1135 – Tintenstrahldrucker)) Es ist zu berücksichtigen, dass der schillernde Begriff des „aliuds“((Keukenschrijver/Busse PatG, 7. Aufl., § 38 Rdn. 19)) nicht nur Gegenstände erfasst, die zum ursprünglich offenbarten Gegenstand in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen („exklusives aliud“), sondern ein aliud bereits dann vorliegen soll, wenn die Veränderung einen technischen Aspekt betrifft.((BPatG, Entsch. v. 8. April 2014, 4 Ni 34/12 (EP); m.V.a. BGH GRUR 2011, 1003 – Integrationselement)) Eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs eines Patents im Sinne von Artikel 123 (3) EPÜ liegt vor, wenn offenkundig ist, daß nach der Änderung eines Patentanspruches eine Handlung als Verletzung in Betracht kommt, die vor der Änderung nicht als Verletzung des erteilten Patents angesehen werden konnte. Dies dürfte u. a. immer dann der Fall sein, wenn die geänderten Patentansprüche auf einen anderen Gegenstand als die erteilten Patentansprüche gerichtet sind (sog. aliud) ((T 378/86, EPA Beschwerdekammer, Amtsblatt 10/1988, S. 389)). Die Öffentlichkeit braucht nicht damit zu rechnen, dass etwas patentiert wird, das gegenüber dem der Fachwelt durch die [[ursprüngliche Offenbarung|ursprünglichen Unterlagen Offenbarten]] ein "Aliud” darstellt [-> [[Unzulässige Änderung des Gegenstands der Anmeldung]]]. Ein solcher Patentanspruch gefährdet die Rechtssicherheit für Dritte, die sich auf den Inhalt der Patentanmeldung in der eingereichten und veröffentlichten Fassung verlassen.((BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - Xa ZB 14/09 - Winkelmesseinrichtung; m.V.a. BGH aaO GRUR 2001, 140, 141)) Die Öffentlichkeit braucht auch nicht damit zu rechnen, dass der Schutzbereich eines Patentes nach dessen Erteilung erweitert wird. [§ 22 (1) 2. Alt. PatG -> [[Unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs]]] Der Patentinhaber darf nicht nach Belieben einzelne Elemente eines [[Ausführungsbeispiel|Ausführungsbeispiels]] im [[Patentanspruch]] kombinieren.((BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02 - Sammelhefter II)) Die Kombination muss vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die aus der Sicht des Fachmanns den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung zu entnehmen ist; andernfalls wird etwas beansprucht, von dem aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennbar ist, dass es von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt.((BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02 - Sammelhefter II; BGH, Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleißkammer [insoweit nicht in BGHZ]; Sen.Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung)) ===== siehe auch ===== § 21 (1) Nr. 4 PatG -> [[Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung]] \\ -> [[Unzulässige Erweiterung]] \\