====== Zeichenidentität ====== § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG -> [[Verbot identischer Benutzung]] Zeichenidentität besteht nicht nur dann, wenn ein [[Zeichen]] ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die das geschützte Zeichen [-> [[Markenschutz]]] bilden, sondern auch, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem [[Durchschnittsverbraucher]] entgehen können.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 54 - LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]; Urteil vom 25. März 2010 - C-278/08, Slg. 2010, I2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 25 - BergSpechte; Urteil vom 8. Juli 2010 - C558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 47 - Portakabin)) Hiervon kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn sich die Unterschiede auf die Groß- oder Kleinschreibung einer Buchstabenfolge beschränken, nicht aber dann, wenn Unterschiede in der Zusammen- oder Getrenntschreibung oder deutliche Unterschiede in der graphischen Gestaltung bestehen.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 Rn. 33 - Interflora und Interflora British Unit [INTERFLORA]; BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 138/16, GRUR 2018, 924 Rn. 25 = WRP 2018, 1074 - ORTLIEB I; Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 195/17, GRUR 2019, 522 Rn 20 = WRP 2019, 749 - SAM; Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18, GRUR 2019, 1053 Rn. 25 = WRP 2019, 1311 - ORTLIEB II)) Das Kriterium der Identität zwischen Marke und angegriffenem Zeichen ist restriktiv auszulegen.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; m.V.a. EuGH, GRUR 2003, 422 Rn. 54 - LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie])) Bei der Beurteilung der Zeichenidentität ist ein strenger Maßstab anzulegen.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 210/18 - Vorwerk; m.V.a. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 54 - LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17, GRUR 2020, 405 Rn. 20 = WRP 2020, 470 - ÖKO-TEST II)) Werden einer Marke [[beschreibende Angaben]] hinzugefügt, die nicht so geringfügig sind, dass sie dem Durchschnittsverbraucher entgehen können, so führt auch eine solche Hinzufügung aus dem Identitätsbereich heraus.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07, GRUR 2009, 502 Rn. 18 = WRP 2009, 441 - pcb; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 108; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2003, 143, 144; OLG München, GRUR-RR 2009, 307; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 170; Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 14 Rn. 333; Füller, MarkenR 2007, 365, 368; aA Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 285)) Ein Zeichen ist nicht nur dann mit einem geschützten anderen Zeichen identisch, wenn es ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die das geschützte Zeichen bilden, sondern auch dann, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; vgl. [zu Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104/EWG] EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 54 - Arthur/Arthur et Félicie; Urteil vom 25. März 2010 - C-278/08, Slg. 2010, I-2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 25 - BergSpechte/trekking.at Reisen; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 47 - Portakabin/Primakabin)) Beschränken sich die Unterschiede der zu vergleichenden Zeichen auf die Groß- oder Kleinschreibung einer Buchstabenfolge, so führen sie regelmäßig aus dem Identitätsbereich noch nicht hinaus.((BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 138/16 - ORTLIEB; m.V.a. EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 33 - Interflora/M&S Interflora Inc.; BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 188/13, GRUR 2015, 607 Rn. 21 = WRP 2015, 714 - Uhrenankauf im Internet; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 Rn. 29 f. = WRP 2016, 869 - ConText)) Diese für das Markenrecht geltenden Regeln finden im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 2 MarkenG ebenfalls Anwendung.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 15 MarkenG Rn. 66)) Das Kriterium der Zeichenidentität ist restriktiv auszulegen, um eine ungerechtfertigte Ausdehnung des Tatbestands der Doppelidentität zulasten der von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfassten Sachverhalte zu vermeiden, die die Feststellung einer Verwechslungsgefahr erfordern. Zeichenidentität setzt daher grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus; unschädlich sind aber geringfügige Unterschiede zwischen den Zeichen, die einem Durchschnittsverbraucher entgehen können.((BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot; m.V.a.EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 51 und 54 - LTJ-Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]; Urteil vom 25. März 2010 - C-278/08, Slg. 2010, I-2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 27 - BergSpechte/trekking.at Reisen; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 47 - Portakabin/Primakabin; BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 188/13, GRUR 2015, 607 Rn. 22 = WRP 2015, 714 - Uhrenankauf im Internet)) Ein Zeichen ist nicht nur mit einem geschützten anderen Zeichen identisch, wenn es ohne Änderung oder Hinzufü- gung alle Elemente wiedergibt, die das geschützte Zeichen bilden, sondern auch, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können.((vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 54 - Arthur/Arthur et Félicie; Urteil vom 25. März 2010 - C-278/08, Slg. 2010, I-2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 25 - BergSpechte/trekking.at Reisen; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 47 - Portakabin/Primakabin)) Hiervon kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn sich die Unterschiede auf die Groß- oder Kleinschreibung einer Buchstabenfolge beschränken.((vgl. EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 Rn. 33 - Interflora; BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 188/13, GRUR 2015, 607 Rn. 22 = WRP 2015, 714 - Uhrenankauf im Internet; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 Rn. 30 = WRP 2016, 869 - ConText)), nicht aber dann, wenn - wie vorliegend - Unterschiede in der Zusammen- oder Getrenntschreibung und deutliche Unterschiede in der graphischen Gestaltung bestehen.((BGH, Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14 - Kinderstube)) Die Beurteilung der Zeichenidentität liegt - ebenso wie die Frage der [[Zeichenähnlichkeit]]((hierzu vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Rn. 32 = WRP 2009, 616 - METROBUS)) - im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet und kann im Revisionsverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze angewandt und den Sachvortrag umfassend gewürdigt hat.((BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015 - I ZR 23/14 - Bounty)) Bei der Prüfung der Zeichenidentität oder Zeichenähnlichkeit kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen an.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II)) Die Beurteilung des Gesamteindrucks liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und kann im Revisionsverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze angewandt und den Sachvortrag umfassend gewürdigt hat.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; zur Zeichenähnlichkeit vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 50/11, GRUR 2012, 930 Rn. 45 = WRP 2012, 1234 - Bogner B/Barbie B; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 34 - Goldbären)) Bei der Beurteilung der Identität der Waren oder Dienstleistungen sind - nicht anders als bei der Frage ihrer [[Zeichenähnlichkeit|Ähnlichkeit]] - alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Diese Beurteilung liegt ebenfalls im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann daher im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Tatgericht einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird.((BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II; zur Zeichenähnlichkeit vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 Rn. 46 = WRP 2016, 1510 - Kinderstube)) ===== siehe auch ===== § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG -> [[Verbot identischer Benutzung]] \\ -> [[Zeichenähnlichkeit]]