====== Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen ====== **§ 21 (4) MarkenG** Die Absätze 1 bis 3 lassen die Anwendung allgemeiner Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen unberührt. Nach § 21 Abs. 4 MarkenG lassen die Absätze 1 bis 3 dieser Vorschrift die Anwendung allgemeiner Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen unberührt. Diese allgemeinen Verwirkungsgrundsätze sind neben der Regelung über die Anspruchsverwirkung in § 21 Abs. 2 MarkenG anwendbar. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings ausgesprochen, dass Art. 9 der Richtlinie 89/104/EWG eine umfassende Harmonisierung der Voraussetzungen vornimmt, unter denen der Inhaber einer jüngeren eingetragenen Marke unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung durch Duldung sein Recht an dieser Marke behalten kann, wenn der Inhaber einer identischen älteren Marke die Ungültigerklärung beantragt oder der Benutzung dieser jüngeren Marke entgegentritt((EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-482/09, Slg. 2011, I-8701 = GRUR 2012, 519 Rn. 33 - Budweiser)). Im Schrifttum wird vor diesem Hintergrund der Standpunkt vertreten, aufgrund der mit Art. 9 MarkenRL angestrebten Vollharmonisierung sei für eine Anwendung der in § 21 Abs. 4 MarkenG in Bezug genommenen allgemeinen Verwirkungsgrundsätze des deutschen Rechts kein Raum, soweit § 21 MarkenG in Art. 9 MarkenRL vorgegebene Tatbestände umsetzt((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 21 Rn. 72 f.; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 21 MarkenG Rn. 1; Koch, GRUR 2012, 1092, 1094 f.; Palzer/Preisendanz, EuZW 2012, 134, 138 f.; Müller, WRP 2013, 1301, 1305 f.)). Für die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen (§ 21 Abs. 4 MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB) kommt es darauf an, ob durch eine längerdauernde redliche und ungestörte Benutzung eines Kennzeichens ein Zustand geschaffen worden ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat. Eine feste zeitliche Grenze der Benutzungsdauer besteht nicht. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls, da die einzelnen Voraussetzungen des Verwirkungseinwands in enger Wechselwirkung zueinander stehen.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, GRUR 1993, 151, 153 = WRP 1993, 101 - Universitätsemblem, insoweit nicht in BGHZ 119, 237; Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 188/09, GRUR 2012, 534 Rn. 50 = WRP 2012, 1271 - Landgut Borsig)) Eine Kenntnis von der Verletzung ist nicht erforderlich. Den Zeicheninhaber trifft eine Marktbeobachtungspflicht.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. November 1965 - Ib ZR 101/63, GRUR 1966, 623, 626 - Kupferberg; Urteil vom 2. Februar 1989 - I ZR 183/86, GRUR 1989, 449, 452 = WRP 1989, 717 - Maritim; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 21 Rn. 50)) Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Kennzeicheninhabers von der Verletzung können sich bei der Bestimmung der für eine Verwirkung angemessenen Zeitdauer der Benutzung zugunsten des Verletzers auswirken.((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 21 Rn. 59)) Die zwischen den einzelnen Voraussetzungen der Verwirkung bestehende Wechselwirkung führt dazu, dass an den Umfang und die Bedeutung eines Besitzstands umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je schutzwürdiger das Vertrauen des Verletzers in seine Berechtigung ist (BGH, GRUR 1993, 151, 153 - Universitätsemblem). Bei der Frage, wann die für das Zeitmoment maßgebliche Frist zu laufen beginnt, ist zwischen Einzel- und Dauerhandlungen zu differenzieren. Wiederholte gleichartige Verletzungshandlungen, die zeitlich unterbrochen auftreten können, lösen jeweils einen neuen Unterlassungsanspruch aus und lassen daher die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist jeweils neu beginnen((BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 Rn. 22 = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport)). Hingegen ist bei Dauerhandlungen - etwa der Nutzung einer Bezeichnung als Name eines Unternehmens oder einer Internet-Domain - auf den Beginn der erstmaligen Benutzung abzustellen((BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 188/11, BGHZ 198, 159 Rn. 24, 29 - Hard Rock Cafe)).((BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText)) Für die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen (§ 21 Abs. 4 MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB) kommt es darauf an, ob durch eine längerdauernde redliche und ungestörte Benutzung eines Kennzeichens ein Zustand geschaffen worden ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat. Eine feste zeitliche Grenze der Benutzungsdauer besteht nicht. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls, da die einzelnen Voraussetzungen des Verwirkungseinwands in enger Wechselwirkung zueinander stehen.((BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, GRUR 1993, 151, 153 [juris Rn. 49] = WRP 1993, 101 - Universitätsemblem, insoweit nicht in BGHZ 119, 237; Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 188/09, GRUR 2012, 534 Rn. 50 = WRP 2012, 1271 - Landgut Borsig)) Eine positive Kenntnis von der Verletzung ist nicht zwingend erforderlich. Den Zeicheninhaber trifft eine Marktbeobachtungspflicht.((BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. November 1965 - Ib ZR 101/63, GRUR 1966, 623, 626 [juris Rn. 29 f.] - Kupferberg; Urteil vom 2. Februar 1989 - I ZR 183/86, GRUR 1989, 449, 452 [juris Rn. 48] = WRP 1989, 717 - Maritim)) Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Kennzeicheninhabers von der Verletzung können sich bei der Bestimmung der für eine Verwirkung angemessenen Zeitdauer der Benutzung zugunsten des Verletzers auswirken.((BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung; m.V.a. Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 21 Rn. 59)) Die zwischen den einzelnen Voraussetzungen der Verwirkung bestehende Wechselwirkung führt dazu, dass an den Umfang und die Bedeutung eines Besitzstands umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je schutzwürdiger das Vertrauen des Verletzers in seine Berechtigung ist.((BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung; m.V.a. BGH, GRUR 1993, 151, 153 [juris Rn. 49] - Universitätsemblem)) ===== siehe auch ===== § 21 MarkenG -> [[Verwirkung von Ansprüchen]]