====== Verwechslungsgefahr bei Werktiteln ====== -> [[Kennzeichnungskraft eines Werktitels]] \\ -> [[Werknähe]] \\ -> [[Werktitelähnlichkeit]] \\ [[Werktitel]] im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch, mwN)) Ein weitergehender Schutz kommt nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass der Verkehr - beispielsweise bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften - mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 [juris Rn. 40] = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine; Urteil vom 12. November 1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 [juris Rn. 22] = WRP 1999, 519 - Max; Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 [juris Rn. 39] = WRP 1999, 1279 - SZENE; BGH, GRUR 2002, 1083, 1085 [juris Rn. 25] - 1, 2, 3 im Sauseschritt)) Eine Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau)) Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der [[Kennzeichnungskraft eines Werktitels|Kennzeichnungskraft des älteren Titels]], der [[Werknähe]] und der [[Werktitelähnlichkeit|Ähnlichkeit der Titel]].((BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGHZ 146, 56, 63 - Tagesschau; BGH GRUR 2002, 1083, 1084 - 1, 2, 3 im Sauseschritt)) Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen.((BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 = WRP 2002, 89 - Auto Magazin)) Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze.((BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?)) Bezeichnungen, die das Werk beschreiben, kommt keine Kennzeichnungskraft zu ((BGH, Urt. v. 27. April 2006 - I ZR 109/03 - SmartKey; vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 262/90, GRUR 1993, 488, 490 = WRP 1993, 318 - Verschenktexte II; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl., Rdn. 117)). Sind solche beschreibenden Angaben als Bestandteile in einer aus weiteren Bestandteilen zusammengesetzten Gesamtbezeichnung enthalten, misst der Verkehr ihnen für den Gesamteindruck der Bezeichnung keine Bedeutung zu, wenn der beschreibende Gehalt auch innerhalb der Gesamtbezeichnung erhalten bleibt((vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine)). Die Frage der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Titel ist danach zu bestimmen, welchen Gesamteindruck die beiderseitigen Bezeichnungen im Verkehr erwecken. Abzustellen ist darüber hinaus auf die Besonderheiten in Bezug auf die Marktverhältnisse der in Rede stehenden Werke.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. September 1999 - I ZR 50/97, GRUR 2000, 504, 505 [juris Rn. 22] = WRP 2000, 533 - FACTS; BGH, GRUR 2012, 1265 Rn. 23 - Stimmt's?)) Der Schutz des Rechts an einem Werktitel bestimmt sich nach seiner Funktion der bloßen Werkunterscheidung.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. BGH, GRUR 2003, 440, 441 [juris Rn. 29] - Winnetous Rückkehr)) Es ist stets die besondere funktionale Ausrichtung der Werktitel und ihre bisweilen spezifische Wahrnehmung und Interpretation durch den Durchschnittsverbraucher zu beachten.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a. Ingerl/Rohnke, MarkenG, MarkenG, 3. Aufl.,§ 15 Rn. 180)) Ist der in Rede stehende Produktsektor durch eine Anzahl von Werken mit jeweils nur geringfügigen Abweichungen im jeweiligen Titel gekennzeichnet, kann dies dazu führen, dass der Verkehr sich an diesen Umstand gewöhnt und auf - auch nur geringe - Abweichungen der Titel besonderes achtet.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen; m.V.a Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 15 MarkenG Rn. 78)) Dabei wird der Verkehr, dem der Titel eine nähere Identifikation des Werks ermöglichen soll, erfahrungsgemäß solchen Zusätzen und Hinweisen sein Augenmerk schenken, die - wie eine Bezifferung oder ein inhaltsbezogener Hinweis - ersichtlich der Unterscheidung verschiedener Folgen einer Werkreihe((vgl. BGH, GRUR 2003, 440, 441 [juris Rn. 29] - Winnetous Rückkehr) oder unterschiedlicher Interpretationen einer Komposition und damit verschiedenen immateriellen Arbeitsergebnissen dienen, welche jeweils für sich genommen als Gegenstand des Rechtsund Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17 - Das Omen)) Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder auch Bilder) erheblich ist.((BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - Stimmt's?)) Die Gefahr einer Verwechslung im weiteren Sinne bei der Verwendung des Titelschlagworts einer Fernsehsendung als Bezeichnung für bestimmte Waren setzt eine über die normale Werktitelfunktion hinausgehende Kennzeichnungskraft des Titels als Hinweis auch auf den Hersteller des Werks voraus; sie erfordert außerdem einen konkreten Sachzusammenhang zwischen den bezeichneten Waren und dem Inhalt der Sendung.((BGH GRUR 1993/693 'Guldenburg')) ==== Beispiele ==== * "1, 2, 3 im Sauseschritt" vs. "Eins, Zwei, Drei im Bärenschritt"((BGH GRUR 2002, 1083)): keine Verwechslungsgefahr; Beide haben Unterscheidungskraft; Werke sind ähnlich (Kinderbücher); keine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Titel; mittelbare Verwechslungsgefahr (Hinweis auf den Verlag) nicht vorgetragen. * "Stern" vs. "Star"((Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg AfP 2001/398)): bestehende Verwechslungsgefahr * "modern LIVING" vs. "MODERNLIVING"((OLG Köln AfP 2001/517)): keine Verwechslunsggefahr (Untertitel, d.h. Rubrik in einer Zeitschrift) * "Pizza Connection" vs. "pizzaconnection.de"((Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg AfP 2002/226)): keine Verwechslungsgefahr (Pizzaservice gegen Computerspiel) * "Tagesschau", "Tagesthemen" vs. "Tagesbild"((BGH GRUR 2001/1050)): keine Verwechslunsggefahr * "Tagesschau", "Tagesthemen" vs. "Tagesreport" ((BGH GRUR 2001/1054)): keine Verwechslunsggefahr * "Alex" vs. "Live vom Alex" ((Kammergericht AfP 2001/242)): keine Verwechslunsggefahr * "Das Telefon-Sparbuch" vs. "Das neue Telefonsparbuch", "Das frische Telefonsparbuch"((LG Hamburg AfP 2001/154)): keine Verwechslunsggefahr * "Facts" vs. "Facts"((BGH GRUR 2000/504)): zurückverwiesen * "Szene Hamburg" vs. "SZENE INSIDE"((BGH GRUR 2000/70)): keine Verwechslunsggefahr * "Wheels's Magazine" vs. "Wheel's Nationals"((BGH GRUR 1999/235): Verwechslunsggefahr gegeben ===== siehe auch ===== -> [[Verletzung von Titelschutzrechten]]