====== Unterscheidungskraft ====== § 8 (2) Nr. 1 MarkenG -> [[Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft]] -> [[Kennzeichnungskraft]] \\ -> [[Rechtspolitischer Zweck des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Originäre Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Verkehrsdurchsetzung]] \\ -> [[Kennzeichnungsgewohnheiten]] \\ -> [[Beurteilung der Unterscheidungskraft eines angemeldeten Zeichens]] \\ -> [[Prognose der Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Fehlende Unterscheidungskraft aufgrund eines beschreibended Begriffsinhaltes]] \\ -> [[Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Unterscheidungskraft von Wortfolgen]] \\ -> [[Unterscheidungskraft einer Warenform]] \\ -> [[Unterscheidungskraft fremdsprachiger Wörter]] \\ -> [[Unterscheidungskraft einer Warenformmarke]] \\ -> [[Gebräuchliche Wörter oder Wendungen]] \\ -> [[Unterscheidungskraft einer Abwandlung eines Fach- oder Sachbegriffs]] \\ -> [[Verhältnis zwischen Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis]] \\ -> [[Unterscheidungskraft von Werbeslogans]] \\ -> [[Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft]] \\ -> [[Markenrechtlich geschützte Zeichen auf Bekleidungsstücken]] \\ -> [[Buchstabenkombinationen]] \\ -> [[Versalien]] \\ Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Marken, denen für die [[Waren und Dienstleistungen|Waren oder Dienstleistungen]] jegliche Unterscheidungskraft fehlt, von der Eintragung ausgeschlossen. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet.((st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 29/13 - DüsseldorfCongress; m.w.N.)) Die [[Funktion der Marke|Hauptfunktion der Marke]] besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.((st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 29/13 - DüsseldorfCongress; m.w.N.)) Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung [-> [[Werbeslogans]]] - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.((BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 - I ZB 39/15 - OUI; m.V.a. BGH, GRUR 2009, 952 Rn. 10 - DeutschlandCard; BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 32/09, GRUR 2010, 640 Rn. 13 = WRP 2010, 891 - hey!; BGH, GRUR 2012, 270 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2014, 569 Rn. 26 - HOT; GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops)) Maßgeblich ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen auf-merksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen.((BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 29/13 - DüsseldorfCongress ; m.V.a. EuGH, Urteil vom 8. Mai 2008 C304/06, Slg. 2008, I3297 = GRUR 2008, 608 Rn. 67 EUROHYPO; BGH, Beschluss vom 8. März 2012 I ZB 13/11, BGHZ 193, 21 Rn. 9 Neuschwanstein; BGH, Beschluss vom 13. September 2012 I ZB 68/11, GRUR 2013, 522 Rn. 8 = WRP 2013, 503 Deutschlands schönste Seiten)) Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen.((BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 29/13 - DüsseldorfCongress; m.V.a. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 12 = WRP 2012, 337 Link economy)) Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens [-> [[Beurteilung der Unterscheidungskraft eines angemeldeten Zeichens]]] ist maßgeblich auf den branchenüblichen Einsatz von Zeichen der in Rede stehenden Art als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen [-> [[Kennzeichnungsgewohnheiten]], -> [[Originäre Unterscheidungskraft]]] abzustellen.((vgl. BGH, Beschl. v. 24. April 2008 - I ZB 21/06 - Marlene-Dietrich-Bildnis; m.w.N.)) Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet.((BPatG, Entscheidung vom 31.3.2009 - 33 W (pat) 21/07 - Trüffelpralinen; m.V.a. BGH 2006, 850, 854 (Nr. 19) „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86)) [-> [[Fehlende Unterscheidungskraft aufgrund eines beschreibended Begriffsinhaltes]]] Das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG steht der Eintragung einer Marke für mit einem weiten Warenoberbegriff bezeichnete Waren und Dienstleistungen schon dann entgegen, wenn es hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren und Dienstleistungen vorliegt ((BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2023 - I ZB 28/23 - Kölner Dom)). Ist die Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wird die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG [-> [[Prüfung auf absolute Schutzhindernisse]]] zurückgewiesen und die Marke nach § 41 Satz 1 MarkenG nicht in das Register eingetragen. Ist die Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden, wird die Eintragung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG [-> [[Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse]]] auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht.((BGH, Beschluss vom 18. April 2013 - I ZB 71/12 - Aus Akten werden Fakten)) Es ist unzulässig, unter Hinweis auf Anhaltspunkte für ein Eintragungsverbot nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 MarkenG [-> [[Freihaltebedürfnis an beschreibenden Angaben]]] erhöhte Anforderungen an die Unterscheidungskraft einer Wortmarke zu stellen.((BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 - I ZB 81/13 - for you; m.V.a. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2000 I ZB 13/98, GRUR 2000, 722 = WRP 2000, 741 LOGO)) Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG [-> [[Markenrechtsrichtlinie]]] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 299 vom 8. November 2008, S. 25) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Hat ein Zeichen Unterscheidungskraft, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, es für die Waren oder Dienstleistungen als Herkunftshinweis zu verwenden, auch wenn es sich dabei nicht um die wahrscheinlichste Form der Verwendung des Zeichens handelt?((BGH, Beschluss vom 21. Juni 2018 - I ZB 61/17 - #darferdas?)) Der Umstand, dass eine Marke als sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung gibt, steht der Annahme der Unterscheidungskraft jedoch nicht entgegen.((BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 97/16 - Pippi-Langstrumpf-Marke; m.V.a. BGH, Beschluss vom 18. März 1999 - I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 990 = WRP 1999, 1038 - House of Blues)) Hier verhält es sich nicht anders als in Fällen, in denen nicht beschreibende Zeichen als Werbemittel etwa in Form von Werbeslogans, Qualitätshinweisen oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, auf die sich die Marke bezieht. Wenn die Verkehrskreise das Zeichen (auch) als Herkunftshinweis für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen, kann die Unterscheidungskraft nicht deshalb verneint werden, weil es gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird.((BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 97/16 - Pippi-Langstrumpf-Marke; m.V.a. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Tz. 45 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 31. März 2010 - I ZB 62/09, BGHZ 185, 152 Rn. 15 - Marlene-Dietrich-Bildnis II)) Auch wenn die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft für alle Markenkategorien dieselben sind, ist zu berücksichtigen, dass nicht jede Markenkategorie von den maßgeblichen Verkehrskreisen in der gleichen Weise wahrgenommen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn das fragliche Zeichen mit dem äußeren Erscheinungsbild der Ware, für die es angemeldet worden ist, übereinstimmt, wie dies der EuGH bereits mit Beschluss vom 28. Juni 2004 im Hinblick auf das Muster einer Oberflächengestaltung festgestellt hat.((BPatG, Beschl. v. 17.06.2022 - 29 W (pat) 10/19; m.V.a. vgl. EuGH MarkenR 2004, 449, 450, Rn. 22 – Glaverbel)) Nach der Entscheidung des EuGH zu der mit der beschwerdegegenständlichen Marke identischen IR-Bildmarke 1132742((EuGH GRUR-RR 2018, 507 Rn. 41 – Birkenstock Sales/EUIPO [Birkenstocksohle – Oberflächenmuster]))) ist die Rechtsprechung, die für dreidimensionale, aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehende Marken entwickelt worden ist, ebenfalls einschlägig für Bildmarken, die aus der zweidimensionalen Darstellung der Ware bestehen, oder auch, wenn es sich um ein Zeichen handelt, das aus einem auf der Oberfläche angebrachten Muster besteht((vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 34 – Birkenstock Sales/EUIPO [Birkenstocksohle – Oberflächenmuster]))). Dies gilt auch dann, wenn eine Marke nur einen Teil der bezeichneten Waren darstellt.((BPatG, Beschl. v. 17.06.2022 - 29 W (pat) 10/19)) ===== siehe auch ===== §§ 7 - 13 MarkenG -> [[Voraussetzungen für den Schutz von Marken durch Eintragung]] \\ §§ 3 - 31 MarkenG (Teil 2) -> [[Voraussetzungen, Inhalt und Schranken des Schutzes von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen, Übertragung und Lizenz]] \\ MarkenG -> [[Markengesetz]] \\ [[Markenrecht]] \\ -> [[Schutzhindernisse]] \\ -> [[Freihaltungsbedürfnis]] \\ -> [[Beschreibende Angaben]]\\