====== Nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit einer Marke ======
**§ 120 (1) MarkenG**
Ist für eine angemeldete oder eingetragene [[Unionsmarke]] der [[Zeitrang]] einer im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragenen Marke nach Artikel 39 oder Artikel 40 der [[.GM:Unionsmarkenverordnung]] in Anspruch genommen worden und ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer nach § 47 Absatz 8 oder wegen Verzichts nach § 48 Absatz 1 gelöscht worden, so kann auf Antrag nachträglich die Ungültigkeit dieser Marke wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit festgestellt werden. In diesem Fall entfaltet der Zeitrang keine Wirkung.
**§ 120 (2) MarkenG**
Die Feststellung der Ungültigkeit erfolgt unter den gleichen Voraussetzungen wie eine Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit. Jedoch kann die Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Erklärung des Verfalls nach dieser Vorschrift auch schon in dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer oder wegen Verzichts gelöscht worden ist.
**§ 120 (3) MarkenG**
Das Verfahren zur Feststellung der Ungültigkeit richtet sich nach den Vorschriften, die für das Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren einer eingetragenen Marke gelten, mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Marke die Feststellung ihrer Ungültigkeit tritt.
**§ 125c MarkenG [weggefallen]**
Für den Fall, dass wie im Streitfall die ältere Marke durch Verzicht oder Nichtverlängerung bereits erloschen ist, verpflichtet Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG [-> [[.Markenrechtsrichtlinie:Nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit oder des Verfalls einer Marke]]] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Marken die Mitgliedstaaten zur Schaffung einer Regelung, die die nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit oder des Verfalls der Marke erlaubt, soweit deren Zeitrang für eine Unionsmarke in Anspruch genommen worden ist. Die Vorschrift des § 125c MarkenG setzt diese Vorgabe in nationales Recht um.((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Nach § 125c Abs. 1 MarkenG kann, wenn für eine angemeldete oder eingetragene Gemeinschaftsmarke der Zeitrang einer im Register des Patentamts eingetragenen Marke nach Artikel 34 oder 35 GMV in Anspruch genommen worden und die im Register des Patentamts eingetragene Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer nach § 47 Abs. 6 MarkenG oder wegen Verzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden ist, auf Antrag nachträglich die Ungültigkeit dieser Marke wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit festgestellt werden.((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Nach § 125c Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann, wenn für eine eingetragene Unionsmarke der Zeitrang einer im Register des Patentamts eingetragenen Marke nach Artikel 34 oder 35 GMV in Anspruch genommen worden und die im Register des Patentamts eingetragene Marke wegen Verzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden ist, auf Antrag nachträglich
die Ungültigkeit dieser Marke wegen Verfalls festgestellt werden. Die Feststellung der Ungültigkeit erfolgt unter den gleichen Voraussetzungen wie eine Löschung wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit (§ 125c Abs. 2 Satz 1 MarkenG).((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Jedoch kann die Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach dieser Vorschrift auch schon in dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die
Marke wegen Verzichts gelöscht worden ist (§ 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG).((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Das Verfahren zur Feststellung der Ungültigkeit richtet sich nach den Vorschriften, die für das Verfahren zur Löschung einer eingetragenen Marke gelten, mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Löschung der Eintragung der Marke die Feststellung ihrer Ungültigkeit tritt (§ 125c Abs. 3 MarkenG).((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Für die Prüfung der Voraussetzungen des Verfalls ist, wenn die Marke wegen Verzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden ist, auf den Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts abzustellen. Zwar kann nach § 125c
Abs. 2 Satz 2 MarkenG die Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach dieser Vorschrift - auch schon - in dem Zeitpunkt gegeben waren,
in dem die Marke wegen Verzichts gelöscht worden ist. Der missverständliche Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung ist dahin zu verstehen, dass es auf den Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts ankommt und nicht auf den Zeitpunkt der Löschung im Register. Das Markenrecht erlischt bereits aufgrund der Erklärung des Verzichts, ohne dass es hierfür noch einer Vollziehung im Register bedarf.((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II; m.V.a. BGH, GRUR 2001, 337, 339 [juris Rn. 22] - EASYPRESS; BGH, GRUR 2017, 517 Rn. 13 - PUC I; Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 48 Rn. 3; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 125c Rn. 8; v. Gamm in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 48 MarkenG Rn. 7))
Ist für eine angemeldete oder eingetragene Gemeinschaftsmarke der Zeitrang einer im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragenen Marke nach Art. 34 oder 35 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in Anspruch
genommen worden und ist die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer nach § 47 Abs. 6 MarkenG oder wegen Verzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG gelöscht
worden, so kann gemäß § 125c Abs. 1 MarkenG auf Antrag nachträglich die Ungültigkeit dieser Marke wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit festgestellt werden.((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC))
Im Hinblick auf eine wegen Verzichts gelöschte deutsche Marke, deren Zeitrang für eine Unionsmarke in Anspruch genommen wird, ist auf Antrag nachträglich gemäß § 125c MarkenG die Ungültigkeit wegen Verfalls festzustellen, wenn die Voraussetzungen des Verfalls zum Zeitpunkt des Erlöschens der deutschen Marke gegeben waren. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass diese Voraussetzungen auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag vorliegen.((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Mit der Inanspruchnahme des Zeitrangs einer nationalen Marke soll dem Inhaber der Unionsmarke im Wege einer Fiktion ermöglicht werden, in dem jeweiligen Mitgliedstaat weiter von dem Schutz zu profitieren, den die gelöschte ältere nationale Marke genoss. Es ist jedoch nicht möglich, die nationale Marke zu benutzen, auf die verzichtet wurde. Eine etwaige Benutzung des in Rede stehenden Zeichens nach der Löschung ist als Benutzung der Unionsmarke anzusehen.((BGH, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 126/15 - PUC II))
Die Feststellung der Ungültigkeit erfolgt gemäß § 125c Abs. 2 Satz 1 MarkenG unter den gleichen Voraussetzungen wie eine Löschung wegen Verfalls oder wegen Nichtigkeit. Jedoch kann nach § 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG die Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach dieser Vorschrift auch schon zu dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer oder wegen Verzichts gelöscht worden ist.((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC))
Aus dem Umstand, dass die Feststellung der Ungültigkeit einer Marke nach der amtlichen Überschrift und dem ersten Absatz des § 125c MarkenG das Ziel hat, eine "nachträgliche" Feststellung der Ungültigkeit der Marke herbeizuführen, lässt sich allerdings für diese Frage nichts ableiten. Mit der Verwendung
des Wortes "nachträglich" ist lediglich gemeint, dass die Voraussetzungen des Verfalls zum Zeitpunkt des Verzichts und damit vor einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegen haben müssen.((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC))
Aus dem Wortlaut von § 125c Abs. 2 Satz 1 und 2 MarkenG ergibt sich jedoch, dass die Voraussetzungen des Verfalls zu zwei Zeitpunkten vorliegen müssen. Die Vorschrift des § 125c Abs. 2 Satz 1 MarkenG verweist auf die
Löschungsgründe wegen Verfalls (§ 49 MarkenG) und wegen Nichtigkeit (§§ 50, 51 MarkenG). Für die Entscheidung nach § 49 Abs. 1 MarkenG ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Feststellungsklage abzustellen. Nach
§ 125c Abs. 2 Satz 2 MarkenG kann die Ungültigkeit der Marke nur festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Löschung nach § 49 Abs. 1 MarkenG "auch schon" zu dem Zeitpunkt gegeben waren, in dem die Marke wegen
Nichtverlängerung der Schutzdauer oder wegen Verzichts gelöscht worden ist. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzungen des Verfalls nicht nur zu dem Zeitpunkt vorliegen müssen, in dem auf die Marke verzichtet worden ist, sondern auch zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Feststellung der Ungültigkeit.((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC))
Für diese Auslegung spricht weiterhin die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte eine Feststellung der auf mangelnde Benutzung gestützten Ungültigkeit einer Marke wegen Verfalls nicht schon dann ermöglichen, wenn die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 MarkenG im Zeitpunkt der Entscheidung über den Feststellungsantrag vorliegen. Vielmehr sollte zusätzlich erforderlich sein, dass die nationale Marke schon im Zeitpunkt ihrer Löschung im Register erfolgreich mit einem Löschungsantrag wegen mangelnder Benutzung hätte angegriffen werden können (Begründung zum Regierungsentwurf eines Markenrechtsänderungsgesetzes 1996, BT-Drs. 13/3841, S. 13). Danach erfordert die Feststellung der Ungültigkeit einer Marke, für die eine identische Unionsmarke die Seniorität beansprucht, eine Prüfung der Voraussetzungen des Verfalls zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Dementsprechend gelten für den Erfolg einer Klage auf Feststellung der Ungültigkeit einer
gelöschten nationalen Marke, deren Seniorität eine Unionsmarke in Anspruch nimmt, höhere Anforderungen als für den Erfolg der Klage auf Löschung nach § 49 Abs. 1 MarkenG.((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC; m.V:a. Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl., § 125c MarkenG Rn. 3; Reinartz, GRUR Int. 2012, 493, 495; kritisch hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 125c Rn. 13 f.))
Es erscheint jedoch fraglich, ob diese Auslegung von § 125c MarkenG
mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar ist. Hierauf zielt die erste Vorlagefrage:
Ist es mit Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG vereinbar, wenn die Ungültigkeit oder der Verfall einer nationalen Marke, die die Grundlage für die Beanspruchung des Zeitrangs einer Unionsmarke bildet und Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Marke oder ihres Erlö- schens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Feststellung vorliegen?((BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 126/15 - PUC))
===== siehe auch =====
§§ 119 ff MarkenG -> [[Unionsmarken]]