====== Verwirkung durch Duldung (Art. 9 MRRL) ======
** Art. 9 (1) MRRL**
Hat in einem Mitgliedstaat der Inhaber einer älteren Marke im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 die Benutzung einer jüngeren eingetragenen Marke in diesem Mitgliedstaat während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund der älteren Marke weder die Ungültigerklärung der jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, daß die Anmeldung der jüngeren Marke bösgläubig vorgenommen worden ist.
Art. 9 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [-> [[Markenrecht:Markenrechtsrichtlinie]]] sowie die Art. 54, 110 und 111 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [-> [[Markenrecht:GM:Gemeinschaftsmarkenverordnung]]] sind dahin auszulegen, dass eine Handlung – wie z. B. eine Abmahnung –, mit der sich der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts der Benutzung einer jüngeren Marke widersetzt, ohne jedoch die für die Herbeiführung einer rechtsverbindlichen Lösung notwendigen Schritte zu unternehmen, die Duldung nicht beendet und dementsprechend nicht die Verwirkungsfrist im Sinne dieser Bestimmungen unterbricht. ((EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC)) \\
//Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet,
ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 [[markenrecht:markengesetz|MarkenG]] sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 [[Markenrecht:GM:Gemeinschaftsmarkenverordnung|GMV]] zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.// ((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; in Anschluss an: EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC))
Art. 9 der Richtlinie 2008/95 [-> [[Markenrecht:Markenrechtsrichtlinie]]] sowie die Art. 54, 110 und 111 der Verordnung Nr. 207/2009 [-> [[Markenrecht:GM:Gemeinschaftsmarkenverordnung]]] sind dahin auszulegen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs, mit dem der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts die Nichtigerklärung einer jüngeren Marke begehrt oder sich deren Benutzung widersetzt, die Verwirkung durch Duldung im Sinne dieser Bestimmungen verhindert, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück zwar vor Ablauf der Verwirkungsfrist eingereicht wurde, aber aufgrund mangelnder Sorgfalt des Rechtsbehelfsführers nicht die Anforderungen des nationalen Rechts erfüllte, die für die Zwecke der Zustellung gelten, und die Mängel aus Gründen, die dem Rechtsbehelfsführer zuzurechnen sind, erst nach Ablauf der Verwirkungsfrist behoben wurden.
Art. 9 der Richtlinie 2008/95 [-> [[Markenrecht:Markenrechtsrichtlinie]]] sowie die Art. 54, 110 und 111 der Verordnung Nr. 207/2009 [-> [[Markenrecht:GM:Gemeinschaftsmarkenverordnung]]] sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts im Sinne dieser Bestimmungen bei Verwirkung seines Anspruchs auf Nichtigerklärung einer jüngeren Marke und auf
Unterlassung ihrer Benutzung durch die Verwirkung auch daran gehindert ist, Neben- oder Folgeansprüche wie Ansprüche auf Schadensersatz, auf Auskunft oder auf Vernichtung von Waren zu erheben. ((EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC))
** Art. 9 (2) MRRL**
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß Absatz 1 auch für den Inhaber einer in Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a) genannten älteren Marke oder eines sonstigen in Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b) oder c) genannten älteren Rechts gilt.
** Art. 9 (3) MRRL**
In den Fällen der Absätze 1 oder 2 kann der Inhaber der jüngeren eingetragenen Marke sich der Benutzung des älteren Rechts nicht widersetzen, obwohl dieses Recht gegenüber der jüngeren Marke nicht mehr geltend gemacht werden kann.
===== siehe auch =====
* [[Markenrechtsrichtlinie]]