====== Verwirkung durch Duldung ====== Artikel 61 UMV Verwirkung durch Duldung (1) Hat der Inhaber einer Unionsmarke die Benutzung einer jüngeren Unionsmarke in der Union während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund dieser älteren Marke nicht die Nichtigerklärung dieser jüngeren Marke verlangen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Unionsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist. (2) Hat der Inhaber einer in Artikel 8 Absatz 2 genannten älteren nationalen Marke oder eines in Artikel 8 Absatz 4 genannten sonstigen älteren Kennzeichenrechts die Benutzung einer jüngeren Unionsmarke in dem Mitgliedstaat, in dem diese ältere Marke oder dieses sonstige ältere Kennzeichenrecht geschützt ist, während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Unionsmarke benutzt worden ist, aufgrund dieser älteren Marke oder dieses sonstigen älteren Kennzeichenrechts nicht die Nichtigerklärung der Unionsmarke verlangen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Unionsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann der Inhaber der jüngeren Unionsmarke sich der Benutzung des älteren Rechts nicht widersetzen, obwohl dieses Recht gegenüber der jüngeren Unionsmarke nicht mehr geltend gemacht werden kann. Zur Abwendung der Verwirkung gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2, Art. 111 Abs. 2 GMV sind Handlungen des Inhabers des älteren Zeichens erforderlich, die ernsthaft und eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringen, sich der Benutzung des jüngeren Zeichens zu widersetzen und der behaupteten Verletzung seiner Rechte abzuhelfen.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Anschluss an EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC)) Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III)) Eine vorgerichtliche [[Privatrecht:Abmahnung]], der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III)) Die Einreichung der Klage durch den Inhaber des älteren Zeichens unterbricht den Lauf der Duldungsfrist nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV nicht, wenn die Klageschrift erst nach Ablauf eines fünfjährigen Duldungszeitraums mit den formalen Anforderungen in Einklang gebracht wird, die das deutsche Zivilprozessrecht für die Zustellung an den Anspruchsgegner vorsieht, und die verspätete Mängelbehebung hauptsächlich mangelnder Sorgfalt des klagenden Rechtsinhabers zuzuschreiben ist.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III)) Ein von der abgemahnten Partei unterbreitetes Verhandlungsangebot kann die Frist für den Eintritt der Verwirkung durch Duldung nur unterbrechen, wenn der Inhaber des älteren Zeichens innerhalb eines Zeitraums, in dem die abgemahnte Partei den Eingang einer Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf, zumindest die Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen anzeigt.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III)) Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV erstreckt sich auf Ansprüche wegen sämtlicher gleichartiger Benutzungsformen, die der Inhaber des jüngeren Zeichens fünf Jahre lang vorgenommen hat.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 [juris Rn. 22] = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 188/11, BGHZ 198, 159 [juris Rn. 21] - Hard Rock Cafe; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 [juris Rn. 50] = WRP 2016, 869 - ConText)) Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV schließt auch auf die Zeichenverletzung gestützte Folge und Nebenansprüche ein.((BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Anschluss an EuGH, GRUR 2022, 985 - HEITEC)) ==== Alte Regelung ==== **Artikel 54 (1) GMV** Hat der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke die Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund dieser älteren Marke weder die Nichtigerklärung dieser jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, daß die Anmeldung der jüngeren Gemeinschaftsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist. **Artikel 54 (2) GMV** Hat der Inhaber einer in Artikel 8 Absatz 2 genannten älteren nationalen Marke oder eines in Artikel 8 Absatz 4 genannten sonstigen älteren Kennzeichenrechts die Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke in dem Mitgliedstaat, in dem diese ältere Marke oder dieses sonstige ältere Kennzeichenrecht geschützt ist, während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Gemeinschaftsmarke benutzt worden ist, aufgrund dieser älteren Marke oder dieses sonstigen älteren Kennzeichenrechts weder die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Gemeinschaftsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist. **Artikel 54 (3) GMV** In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann der Inhaber der jüngeren Gemeinschaftsmarke sich der Benutzung des älteren Rechts nicht widersetzen, obwohl dieses Recht gegenüber der jüngeren Gemeinschaftsmarke nicht mehr geltend gemacht werden kann. ===== siehe auch ===== UMV -> [[Unionsmarkenverordnung]] \\