====== Bekanntheitsschutz ====== **Artikel 9 (1) c) GMV** Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Der Verletzungstatbestand des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a GMV setzt voraus, dass ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist. Dafür ist erforderlich, dass die Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann.((BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 172/11; m.V.a. EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, GRUR 2010, 445 Rn. 79 - Google France; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 Rn. 21 = WRP 2011, 1160 - Bananabay II)) Im Hinblick auf die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort für Adwords-Werbung kommt - unbeschadet des Gesichtspunkts der Verletzung einer bekannten Marke - die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion in Betracht, während die Beeinträchtigung der Werbefunktion regelmäßig ausscheiden wird.((BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 172/11; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 81, 98 - Google France; Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, GRUR 2011, 1124 Rn. 44 ff., 54, 66 = WRP 2011, 1550 - Interflora; BGH, GRUR 2011, 828 Rn. 30 - Bananabay II)) Denkbar ist ferner die Beeinträchtigung der Investitionsfunktion der Marke, sofern die Benutzung als Schlüsselwort es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.((BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 172/11; m.V.a. EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 63 ff. - Interflora)) Weist ein Zeichen Ähnlichkeiten mit einer bekannten oder gar berühmten Marke auf, kann das Publikum wegen der Annäherung an die bekannte Marke zu dem Schluss gelangen, zwischen den Unternehmen, die die Zeichen nutzten, lägen wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen vor.((BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion)) Eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV kann bereits vorliegen, wenn die Werbung dem Publi-kum suggeriert, dass zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht.((BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion)) Der Bekanntheitsschutz einer Marke nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV kommt nur in dem Gebiet der Europäischen Union in Betracht, in dem die Gemeinschaftsmarke die Voraussetzungen der Bekanntheit erfüllt.((BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion)) Die Auswahl einer bekannten Marke als Schlüsselwort einer AdwordsAnzeige durch einen Mitbewerber des Markeninhabers kann eine Markenverletzung gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV sein.((BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 172/11)) Eine Verletzung der bekannten Marke im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Werbende Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marke anbietet oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren in einem negativen Licht darstellt. Wird dagegen eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke vorgeschlagen, ohne Funktionen der Marke zu beeinträchtigen, ist davon auszugehen, dass eine solche Benutzung grundsätzlich nicht „ohne rechtfertigenden Grund“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV erfolgt.((BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 172/11; im Anschluss an EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 90 f. - Interflora)) Sofern die Bekanntheit einer Unionsmarke in einem wesentlichen Teil des Gebiets der Europäischen Union erwiesen ist, das gegebenenfalls mit dem Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats zusammenfallen kann, ist davon auszugehen, dass diese Marke in der Europäischen Union gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken bekannt ist.((BGH, Beschluss vom 9. November 2017 - I ZB 45/16 - OXFORD/Oxford Club; m.V.a. EuGH, GRUR 2015, 1002 Rn. 20 - Iron & Smith/Unilever [be impulsive/Impulse])) ===== siehe auch ===== Artikel 9 GMV -> [[Recht aus der Gemeinschaftsmarke]]\\ GMV -> [[Gemeinschaftsmarkenverordnung]] \\