====== Rechtsweggarantie ====== **Art. 19 (4) GG** Wird jemand durch die [[öffentliche Gewalt]] in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der [[Rechtsweg]] offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt. -> [[Verfahrensrecht:Popularklage]] \\ Die Verfassung (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gewährleistet, dass demjenigen, der geltend machen kann, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg offensteht.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2022 - X ZR 110/21)) Dagegen ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, jedermann das Recht einzuräumen, im Interesse der Allgemeinheit gerichtlich gegen (vermeintlich) rechtswidrige staatliche Maßnahmen vorzugehen.((BGH, Urteil vom 21. Juli 2022 - X ZR 110/21; m.V.a. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 198/08, NVwZ 2009, 1426, 1427; Schmidt-Aßmann in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Stand Juli 2021, Art. 19 Abs. 4 Rn. 9)) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nur den Rechtsweg, nicht aber einen Instanzenzug.((BGH, Beschl. v. 17. April 2007 - X ZB 9/06 - Informationsübermittlungsverfahren; m.V.a. BVerfGE 49, 329, 343; 87, 48, 61; 92, 365, 410; 96, 27, 39; st. Rspr.)) Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist damit durch die Zuständigkeit des Bundespatentgericht für Einspruchsverfahren nicht verletzt.((BGH, Beschl. v. 17. April 2007 - X ZB 9/06 - Informationsübermittlungsverfahren)) Das Grundgesetz garantiert Rechtsschutz vor den Gerichten nicht nur gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, sondern darüber hinaus im Rahmen des [[allgemeiner Justizgewährungsanspruch|allgemeinen Justizgewährungsanspruchs]]. Dieser ist Bestandteil des [[Rechtsstaatsprinzip|Rechtsstaatsprinzips]] in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG.((BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2024 – I ZB 22/24; m.V.a. BVerfGE 96, 27 [juris Rn. 48 f. und 52]))) Was die Protokollierung von mündlichen Verhandlungen und die an sie zu stellenden Anforderungen angeht, lässt sich schon Art. 19 Abs. 4 GG kein Mindeststandard entnehmen. § 25a Satz 1 BVerfGG sieht etwa für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht lediglich die Führung eines Protokolls vor, ohne dessen Inhalt weiter zu konkretisieren. Auch Art. 33 EuGH-Satzung trifft keine näheren Regelungen zum Inhalt des zu führenden Protokolls. Art. 70 VerfO-EGMR enthält zwar detailliertere Regelungen und legt insoweit auch einzelne Anforderungen fest; er stellt deren Anwendung jedoch in das Ermessen des jeweiligen Kammerpräsidenten. Dahinter bleiben Art. 117 EPÜ und die auf ihm basierende Regel 124 AusfO nicht zurück. Danach wird über eine mündliche Verhandlung oder Beweisaufnahme eine Niederschrift aufgenommen, die den wesentlichen Gang der mündlichen Verhandlung oder Beweisaufnahme, die rechtserheblichen Erklärungen der Beteiligten, die Aussagen der Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen und das Ergebnis eines Augenscheins enthalten soll.((BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 08. November 2022 - 2 BvR 2480/10)) Der für das deutsche Gerichtswesen in Art. 103 Abs. 1 GG spezialgesetzlich((vgl. BVerfGE 9, 89 <95 f.>; 18, 399 <405>; 60, 1 <5>; 67, 208 <211>; 74, 1 <5>; 89, 28 <36>)) garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein wesentlicher Bestandteil der Garantie effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG [-> [[Rechtsweggarantie]]] beziehungsweise der [[Justizgewährungspflicht]] aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.((BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 08. November 2022 - 2 BvR 2480/10; m.V.a. BVerfGE 81, 123 <129>; 101, 106 <129>)) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines [[Rechtsweg|Rechtswegs]] und die Beschreitung eines [[Instanzenzug|Instanzenzugs]] von Bedeutung sind. Sieht die Prozessordnung ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden.((BGH, Beschluss vom 23. November 2023 - I ZB 29/23; m.V.a. BVerfG, NZM 2023, 495 [juris Rn. 15])) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht Art. 103 Abs. 1 GG [[[Anspruch auf rechtliches Gehör]]] in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie, aufgrund deren die Gerichte durch die Auslegung und Anwendung des Prozessrechts den Beteiligten den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren dürfen. Während die Rechtsschutzgarantie den Zugang zum Verfahren sichert, zielt Art. 103 Abs. 1 GG auf einen angemessenen Ablauf des Verfahrens. Wenn ein Gericht im Verfahren einen Gehörsverstoß begeht, vereitelt es die Möglichkeit, eine Rechtsverletzung vor Gericht effektiv geltend zu machen. Die nähere Ausgestaltung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG bleibt grundsätzlich den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen. Jedoch gebietet Art. 103 Abs. 1 GG, dass sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall das sachangemessene rechtliche Gehör eröffnen, um dem in gerichtlichen Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden und den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten.((BGH, Beschl. v. 14. August 2008 - ATOZ; m.V.a. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2007 - 1 BvR 782/07, MDR 2008, 223)) Eine Zwischenentscheidung ist zu erlassen, wenn dem Antragsteller bis zur Entscheidung über den - nicht offensichtlich aussichtslosen oder rechtsmissbräuchlichen - vorläufigen Rechtsschutz schwere und unabwendbare Nachteile drohen.((BGH, Entscheidung vom 23.10.2024 - KVR 8/24)) ===== siehe auch ===== -> [[Rechtsschutz]] \\ Bezeichnet die Möglichkeit und das Recht einer Person, ihre rechtlichen Interessen und Ansprüche vor staatlichen oder gerichtlichen Instanzen zu schützen und durchzusetzen.