====== Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ====== **Art. 28 (2) GG** Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle. -> [[Gebot der Staatsferne der Presse]] Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, namentlich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 71 Abs. 1 LV BW.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.w.N.)) Die Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 25] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN)) Bezugspunkt der Allzuständigkeit der Gemeinden sind dabei jedoch immer die Angelegenheiten, die als Aufgaben der öffentlichen Verwaltung anzusehen sind.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. BeckOK.GG/Hellermann, Stand: 15. August 2018, Art. 28 Rn. 30 f.; Müller-Franken, K&R 2018, 73, 76)). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Zuständigkeit der Gemeinde auf Verwaltungshandeln im bürokratisch-technischen Sinne reduziert ist.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; insoweit kritisch Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 3 mwN; Jung, Das kommunale Amtsblatt - Inhalt, Ausgestaltung, Präsentation, 2021, S. 65; vgl. auch Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2)) Ein Bezugspunkt für ihre Zuständigkeit kann vielmehr auch bei Angelegenheiten gegeben sein, mit denen sich die Gemeinde aufgrund eigener Betroffenheit im Vorfeld künftiger eigener Aufgabenwahrnehmung befassen darf.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 24] - Crailsheimer Stadtblatt II)) Dagegen macht allein ein lokaler oder gemeinschaftsstiftender Bezug eine Angelegenheit noch nicht zu einer solchen der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; aA Papier/Schröder, DVBl. 2017, 1, 2 und 9; Winkler, JZ 2019, 367, 368; Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 5; Jung, Das kommunale Amtsblatt - Inhalt, Ausgestaltung, Präsentation, 2021, S. 65 f.)) Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hat als Kompetenznorm zudem ausschließlich staatsgerichtete Funktion und entfaltet keine Wirkung im Staat-Bürger-Verhältnis.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/Nierhaus/Engels, GG, 8. Aufl., Art. 28 Rn. 40; Dreier in Dreier, GG, 3. Aufl., Art. 28 Rn. 98)). Sie stellt ein Aufgabenverteilungsprinzip zugunsten der Gemeinden im Bereich der Staatsorganisation((vgl. BVerfG, NVwZ 2018, 140 Rn. 59)) und keine Verteilungsregel für das Verhältnis von Staat und Wirtschaft oder Staat und Bürger dar.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) Die Kompetenz zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt Kommunen nicht jegliche pressemäßige Äußerung, die irgendeinen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweist.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 28] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN)) Die innere Grenze wird durch den erforderlichen Bezug zur Gemeinde und ihren Aufgaben gesetzt. Kommunale Öffentlichkeitsarbeit ist begrenzt durch das Erfordernis eines spezifischen Orts- und Aufgabenbezugs; die Gemeinde erlangt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 29] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN)) Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG [-> [[Presse und Rundfunkfreiheit]]], die ihrerseits nicht durch die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Grundrechte Dritter oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) eingeschränkt wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG schränkt die Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ein. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist eine staatsorganisationsrechtliche Kompetenznorm, die den Gemeinden in Abgrenzung zu Bund und Ländern einen eigenen Aufgabenbereich zuweist.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. BVerfG, NVwZ 2018, 140 Rn. 59)) Die Regelung hat ausschließlich staatsgerichtete Funktion((Sachs/Nierhaus/Engels aaO Rn. 40)) und begründet keine grundrechtlich geschützte Position der Gemeinde, die gegen die Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuwägen wäre.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.((BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - dortmund.de; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 30] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN)) [-> [[Gebot der Staatsferne der Presse]]] ===== siehe auch ===== -> [[Grundrecht:Grundrecht]]