====== Übergangsbestimmungen ======
**Artikel 110 (1) [[Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung|GGV]]**
Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu [[Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung|dieser Verordnung]] in Kraft treten, besteht für ein Muster, das als Bauelement eines [[komplexes Erzeugnis|komplexen Erzeugnisses]] im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 [-> [[Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster]]] mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als [[Gemeinschaftsgeschmacksmuster]].
Gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 in Kraft treten, für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses
im Sinne des Artikels 19 Abs. 1 GGV mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf den Vorlagebeschluss des Senats entschieden hat, ist Art. 110 Abs. 1 GGV dahin auszulegen, dass die darin enthaltene so genannte "Reparaturklausel" den Ausschluss des
Schutzes als Gemeinschaftsgeschmacksmuster für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein
ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, nicht unter die Voraussetzung stellt, dass das geschützte Geschmacksmuster vom Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses abhängig ist.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II; m.V.a. EuGH, GRUR 2018, 284 Rn. 54 - Acacia/Porsche))
Die Schutzschranke ist mithin nicht auf formgebundene Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses beschränkt. Sie ist deshalb auch auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV ist grundsätzlich auf Felgen von Kraftfahrzeugen
anwendbar, die farblich und in der Größe den Originalfelgen entsprechen, wenn die Verwendung der
Felgen notwendig ist, um ein Kraftfahrzeug zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens
der Originalfelgen oder deren Beschädigung schadhaft geworden ist.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Der Anbieter solcher Kraftfahrzeugfelgen kann sich auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1
GGV nur dann mit Erfolg berufen, wenn er Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich auf die Einhaltung der in
Art. 110 Abs. 1 GGV geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Danach obliegt es dem Hersteller und dem Anbieter, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren,
gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen darüber zu informieren, dass in die betreffende Felge ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht
ist, und dass diese Felge ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu
verleihen.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Der Hinweis muss in den Sprachen gegeben werden, die in den Ländern allgemein verständlich sind,
an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Der Hersteller und der Anbieter haben zudem mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art,
dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die Felgen ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwenden.((BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14 - Kraftfahrzeugfelgen II))
Weiß der Hersteller oder der Anbieter, dass der nachgelagerte Benutzer die Felgen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwendet, oder müssen Hersteller oder Anbieter
dies bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen, muss ein Verkauf unterbleiben.
**Artikel 110 (2) [[Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung|GGV]]**
Der Vorschlag der Kommission gemäß Absatz 1 wird gleichzeitig mit den Änderungen, die die Kommission zu diesem Bereich gemäß Artikel 18 der Richtlinie 98/71/EG vorschlägt, vorgelegt und trägt diesen Änderungen Rechnung.
Art. 107 - 111 GGV (Titel XII) -> [[Schlussbestimmungen]] \\
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 110
Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001
über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002)
folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:((BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 - I ZR 226/14))
1. Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der
Verordnung (EG) Nr. 6/2002 auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt,
deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses
prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht - wie etwa
Felgen von Kraftfahrzeugen - frei wählbar ist?
2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:
Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der
Verordnung (EG) Nr. 6/2002 allein auf das Angebot von identisch gestalteten,
also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden
Erzeugnissen beschränkt?
3. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:
Greift die Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG)
Nr. 6/2002 zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster
verletzenden Erzeugnisses nur dann ein, wenn dieser Anbieter objektiv sicherstellt,
dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und
nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung
des Gesamterzeugnisses erworben werden kann?
4. Falls die Frage 3 bejaht wird:
Welche Maßnahmen muss der Anbieter eines grundsätzlich das Klagemuster
verletzenden Erzeugnisses ergreifen, um objektiv sicherzustellen, dass sein
Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen
Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses
erworben werden kann? Reicht es aus,
a) dass der Anbieter in den Verkaufsprospekt einen Hinweis aufnimmt, dass
ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche
Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherzustellen oder
b) ist es erforderlich, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig
macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt,
das angebotene Erzeugnis allein zu Reparaturzwecken zu verwenden?
===== siehe auch =====
GGV -> [[Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung]] \\
Geschmacksmusterrecht -> [[Geschmacksmusterrecht:Gemeinschaftsgeschmacksmuster]]