====== Übersetzung der früheren Anmeldung ======
Regel 53 (3) des [[Europäisches Patentübereinkommen|Europäischen Patentübereinkommens]] (EPÜ) beschreibt, dass das Europäische Patentamt eine Übersetzung der früheren Anmeldung verlangen kann, wenn diese nicht in einer Amtssprache des Europäischen Patentamts abgefasst ist.
**Regel 53 (3) EPÜ**
Ist die frühere Anmeldung nicht in einer Amtssprache des Europäischen Patentamts abgefasst und ist die Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs für die Beurteilung der Patentierbarkeit der Erfindung relevant, so fordert das Europäische Patentamt den Anmelder oder Inhaber des europäischen Patents auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist eine Übersetzung der Anmeldung in einer der Amtssprachen einzureichen. Statt der Übersetzung kann eine Erklärung vorgelegt werden, dass die europäische Patentanmeldung eine vollständige Übersetzung der früheren Anmeldung ist. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. Wird eine angeforderte Übersetzung einer früheren Anmeldung nicht rechtzeitig eingereicht, so erlischt der Anspruch auf die Priorität dieser Anmeldung für die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent. Der Anmelder oder Inhaber des europäischen Patents wird hiervon unterrichtet.
Mit Beschluss vom 27. Juni 2012 hat der Verwaltungsrat der Europäischen
Patentorganisation die Regel 53 EPÜ geändert und eine Rechtsfolge für den
Fall eingeführt, dass der Anmelder einer ordnungsgemäß nach Regel 53 (3) EPÜ
erlassenen Aufforderung des EPA nicht nachkommt, eine Übersetzung einer früheren
Anmeldung einzureichen, deren Priorität er beansprucht. Kommt der
Anmelder dieser Aufforderung nicht nach, so erlischt der Anspruch auf die
betreffende Priorität. Die Einführung dieser Rechtsfolge zielt auf mehr Rechtssicherheit und Transparenz sowie auf eine Straffung der Verfahren vor dem
EPA ab.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
==== Erlass einer Aufforderung nach Regel 53 (3) EPÜ ====
Nach Regel 53 (3) EPÜ kann eine Aufforderung
zur Einreichung einer Übersetzung
einer früheren Anmeldung, deren
Priorität in Anspruch genommen wird,
nur erlassen werden, wenn diese Anmeldung
nicht in einer Amtssprache des
EPA abgefasst ist und die Wirksamkeit
des Prioritätsanspruchs für die Beurteilung
der Patentierbarkeit der Erfindung
relevant ist. Die Übersetzung ist innerhalb
einer vom Europäischen Patentamt
zu bestimmenden Frist einzureichen.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
Je nach Art der Anmeldung und je nach
dem Verfahrensstadium, in dem sich die
Prüfung der Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs
im Hinblick auf die relevante
Zwischenliteratur als notwendig erweist,
kann die Aufforderung zur Einreichung
einer Übersetzung der Prioritätsunterlage
beim EPA wie folgt erlassen
werden:((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
1. Europäische Patentanmeldungen
1.1 Wird die Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs
in der Phase der Fertigstellung
des erweiterten europäischen
Recherchenberichts für die Beurteilung
der Patentierbarkeit der Erfindung als
relevant erachtet, so wird die Aufforderung
nach Regel 53 (3) EPÜ per Einschreiben
zugestellt. In diesem Fall wird
die Frist für die Einreichung der angeforderten
Übersetzung an die Frist für die
Stellung des Prüfungsantrags nach
Regel 70 (1) EPÜ angeglichen.
Hat der Anmelder den Prüfungsantrag
jedoch gestellt, bevor ihm der europäische
Recherchenbericht zugegangen
ist, so wird die Frist für die Einreichung
der Übersetzung an die Frist angeglichen,
innerhalb deren nach Regel 70 (2)
EPÜ zu erklären ist, ob die Anmeldung
aufrechterhalten wird.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
1.2 Stellt sich die Frage der Wirksamkeit
des Prioritätsanspruchs während des
Prüfungsverfahrens, etwa infolge einer
Recherche nach kollidierenden Anmeldungen
gemäß Artikel 54 (3) EPÜ
(abschließende Recherche) oder weil
Dritte gemäß Artikel 115 EPÜ einschlägigen
Stand der Technik vorgebracht
haben, so wird die Aufforderung von der
Prüfungsabteilung erlassen.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
2. Euro-PCT-Anmeldungen
Im Fall von Euro-PCT-Anmeldungen,
bei denen das EPA entweder den internationalen
Recherchenbericht zusammen
mit dem schriftlichen Bescheid
oder einen ergänzenden internationalen
Recherchenbericht erstellt hat, wird die
Aufforderung nach Regel 53 (3) EPÜ
von der Prüfungsabteilung erlassen.
3. Europäische Patente
In den Ausnahmefällen, in denen sich
die Frage der Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs
erst im Einspruchsverfahren
stellt, etwa weil der Einsprechende einschlägigen
Stand der Technik vorgebracht
hat, wird die Aufforderung, eine
Übersetzung der Prioritätsunterlage einzureichen,
von der Einspruchsabteilung
erlassen.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
==== Form der Erwiderung ====
**Regel 53 (3) S. 2 und 3 EPÜ**
Statt der Übersetzung kann eine Erklärung vorgelegt werden, dass die europäische Patentanmeldung eine vollständige Übersetzung der früheren Anmeldung ist. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
Eine wirksame Erwiderung auf eine
Aufforderung nach Regel 53 (3) EPÜ ist
entweder die angeforderte Übersetzung
oder eine Erklärung, dass die europäische
Patentanmeldung eine vollständige
Übersetzung der früheren
Anmeldung ist.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
Im Falle mehrerer Prioritäten muss der
Anmelder oder Patentinhaber nur die
Übersetzung der Prioritätsunterlage(n)
einreichen, die in der Aufforderung
angegeben ist.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
==== Rechtsfolge und anwendbare Rechtsmittel ====
**Regel 53 (3) S. 4 und 5 EPÜ**
Wird eine angeforderte Übersetzung einer früheren Anmeldung nicht rechtzeitig eingereicht, so erlischt der Anspruch auf die Priorität dieser Anmeldung für die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent. Der Anmelder oder Inhaber des europäischen Patents wird hiervon unterrichtet.
Versäumt es der Anmelder oder Patentinhaber,
innerhalb der vom EPA gesetzten
Frist einer Aufforderung zur Einreichung
der Übersetzung nach Regel 53 (3)
EPÜ nachzukommen, so erlischt für die
europäische Patentanmeldung oder das
europäische Patent der Anspruch auf die
Priorität derjenigen Anmeldung, zu der
die angeforderte Übersetzung nicht fristgerecht
eingereicht wurde (Regel 53 (3)
vorletzter Satz EPÜ).((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
Im Prüfungsverfahren kann der aus der
nicht fristgerechten Einreichung der
Übersetzung erwachsende Rechtsverlust
durch einen Antrag auf Weiterbehandlung
nach Artikel 121 EPÜ überwunden
werden. Im Einspruchsverfahren
lässt sich der entstandene Rechtsverlust
nur durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nach Artikel
122 EPÜ beheben. In beiden Fällen
kann der Beteiligte eine Entscheidung
nach Regel 112 (2) EPÜ beantragen.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
==== Übergangsbestimmungen ====
Die geänderte Regel 53 EPÜ gilt für
europäische und Euro-PCT-Anmeldungen
sowie für europäische Patente, für
die bei Inkrafttreten der geänderten
Vorschrift (1. April 2013) noch keine
Aufforderung nach Regel 53 (3) EPÜ
ergangen ist.((Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 28. Januar 2013 über die geänderte Regel 53 (3) EPÜ))
===== siehe auch =====
Regel 53 EPÜ -> [[Prioritätsunterlagen]] \\
Legt fest, dass ein Anmelder, der eine Priorität in Anspruch nimmt, eine Abschrift der früheren Anmeldung einreichen muss.