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markenrecht:ausnahmen_vom_erschoepfungsgrundsatz

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Ausnahmen vom Erschöpfungsgrundsatz

§ 24 (2) MarkenG

Absatz 1 [→ Erschöpfung des Markenrechts] findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

§ 24 (1) MarkenG → Erschöpfung des Markenrechts

Nach § 24 Abs. 2 MarkenG findet die Regelung über Erschöpfung von Markenrechten gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke der Benutzung der Marke im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.1)

Ein berechtigter Grund im Sinne dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn die konkrete Verwendung die Herkunfts- und Garantiefunktion des Zeichens verletzt oder die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.2)

Der Markeninhaber kann sich gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG auch einer irreführenden Verwendung widersetzen, mittels deren Kunden zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden.3)

Der Inhaber des Markenrechts kann auch nach dem Inverkehrbringen rechtmäßig gekennzeichneter Ware solche Handlungen verbieten, die die Herkunfts- und Garantiefunktion seines Zeichens verletzen.4)

Der Inhaber des Markenrechts kann nach Art. 7 Abs. 2 MarkenRL, der durch § 24 Abs. 2 MarkenG in das deutsche Recht umgesetzt wird, nach dem Inverkehrbringen rechtmäßig gekennzeichneter Ware solche Handlungen verbieten, die die Herkunfts- und Garantiefunktion seines Zeichens verletzen oder die die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.5)

Beeinträchtigung der Eigenart der Ware

Eine Beeinträchtigung ist insbesondere anzunehmen, wenn die Veränderung die Eigenart der Ware berührt.6)

Erforderlich ist insoweit eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Markeninhabers und des Wiederverkäufers.7)

Beeinträchtigung der Garantiefunktion der Ware

Eine Beeinträchtigung ist insbesondere anzunehmen, wenn die Veränderung die Eigenart der Ware berührt. Davon ist auszugehen, wenn ihr Verwendungszweck oder solche Merkmale verändert werden, auf die sich die Garantiefunktion der Marke bezieht.8)

Bringt ein Wiederverkäufer mit der Marke des Softwareherstellers versehene Sicherungs-CDs eines Computerprogramms in den Verkehr, die er mit Echtheitszertifikaten des Herstellers versehen hat, die zuvor nicht auf den CDs, sondern auf Computern angebracht waren, kann sich der Softwarehersteller dem Vertrieb der Datenträger aus berechtigten Gründen im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen.9)

Verändern oder Verschlechtern von Waren

Eine (solche) Beeinträchtigung ist anzunehmen, wenn die Veränderung die Eigenart der Ware berührt.10)

  • Verändern oder Verschlechtern von Waren (siehe § 24 II MarkenG, Art. 13 II GMV)
  • Umpacken und Neukennzeichnen von Waren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Ausland in den Verkehr gebracht wurden (siehe dazu auch: Parallelimport). → Umverpackung der Markenware

Rufschädigung

Ein berechtigter Grund i.S. des § 24 Abs. 2 MarkenG kann allerdings auch dann vorliegen, wenn die Ware selbst unverändert bleibt, im konkreten Fall aber die Benutzung der Marke ihren Ruf erheblich schädigt.11)

Keine Fälle des § 24 Abs. 2 MarkenG

In dem Verkauf einer vom Markeninhaber als unverkäuflich bezeichneten Ware liegt keine Veränderung der Ware i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG.12)

Beweislast im Prozeß

Wichtige Frage, da die genaue Herkunft der streitbefangenen Waren häufig von keiner Seite geklärt werden kann. Als rechtsvernichtende Einrede liegt die Beweislast für die Erschöpfung beim Beklagten. Versuche, die Erschöpfung als „negatives Tatbestandsmerkmal„ zu definieren oder Beweiserleichterung zu erhalten, haben sich nicht durchgesetzt.

Siehe dazu auch BGH GRUR 2000, 299 „Karate“, 2. Leitsatz: „Die Erschöpfung stellt eine Ausnahme gegenüber den Ausschließlichkeitsrechten des Patentinhabers dar, für deren Voraussetzungen grundsätzlich derjenige darlegungs- und beweispflichtig ist, der sich auf die Erschöpfung beruft. Auch die Bestimmungen des EG-Vertrages führen regelmäßig zu keiner anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.“

Die Beweisfrage scheint jedoch noch nicht vollständig geklärt zu sein. Siehe dazu auch folgenden Auszug aus der Vorlagenentscheidung „stüssy„ des BGH an den EuGH (BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZR 193/97 (OLG Düsseldorf)):

„Sind Art. 28, 30 EG dahin auszulegen, daß sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften erlauben, nach denen ein wegen des Vertriebs von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Verletzer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Art. 7 der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. 12. 1988 beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, daß die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist?“

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II
2)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 165 Rn. 76 - keine-vorwerk-vertretung, mwN; zu Art. 7 Abs. 2 MarkenRL aF vgl. EuGH, GRUR Int. 1999, 438 Rn. 51 f. - BMW; GRUR 2010, 841 Rn. 79 f. - Portakabin; zu Art. 15 Abs. 2 UMV vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16, GRUR 2019, 76 Rn. 26 = WRP 2019, 77 - beauty for less, mwN
3)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 165 Rn. 78 - keine-vorwerkvertretung
4)
BGH, Urt. v. 15. Februar 2007 - I ZR 63/04 - Parfümtester; m.V.a. EuGH, Urt. v. 23.4.2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 = GRUR 2002, 879 Tz. 30 = WRP 2002, 666 - Boehringer/Swingward u.a.
5)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10 - Echtheitszertifikat; m.V.a. EuGH, Urteil vom 23. Februar 1999 C63/97, Slg. 1999, I905 = GRUR Int. 1999, 438 Rn. 51 ff. BMW/Deenik; BGH, Urteil vom 3. November 2005 I ZR 29/03, GRUR 2006, 329 Rn. 28 = WRP 2006, 470 Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem; Urteil vom 15. Februar 2007 I ZR 63/04, GRUR 2007, 882 Rn. 22 = WRP 2007, 1197 Parfümtester, jeweils mwN
6)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10 - Echtheitszertifikat; m.w.N.
7)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10 - Echtheitszertifikat; m.V.a. EuGH, Urteil vom 4. November 1997 C-337/95, Slg. 1997, I-6034 = GRUR Int. 1998, 140 Rn. 44 Dior/Evora; BGH, GRUR 2006, 329 Rn. 31 Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem
8)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10 - Echtheitszertifikat; m.V.a. BGH, Urteil vom 9. Juni 2004 I ZR 13/02, GRUR 2005, 160, 161 = WRP 2005, 106 SIM-Lock, mwN
9)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10 - Echtheitszertifikat
10)
BGH, Urt. v. 15. Februar 2007 - I ZR 63/04 - Parfümtester; m.V.a. BGHZ 131, 308, 316 - Gefärbte Jeans; BGH, Urt. v. 9.6.2004 - I ZR 13/02, GRUR 2005, 160, 161 = WRP 2005, 106 - SIM-Lock I
11)
BGH, Urt. v. 15. Februar 2007 - I ZR 63/04 - Parfümtester; zu Art. 7 Abs. 2 MarkenRL: EuGH, Urt. v. 4.11.1997 - C-337/95, Slg. 1997, I-6013 = GRUR Int. 1998, 140 Tz. 46 und 48 = WRP 1998, 150 - Christian Dior/Evora
12)
BGH, Urt. v. 15. Februar 2007 - I ZR 63/04 - Parfümtester
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